Fussballverband erfindet Doppelbürger
Funktionäre verbreiten falsche Informationen zur Staatsangehörigkeit ihrer Fussballstars. Granit Xhaka hat nur einen Pass.

Granit Xhaka gilt als einer der besten Passgeber der englischen Premier League. Sein Marktwert beträgt fast 50 Millionen Franken. Er ist Dreh- und Angelpunkt im Spiel der Schweizer Fussballnationalmannschaft.
Geboren ist Xhaka am 27. September 1992 in Basel. Auch als Bürgerort ist in seinem Pass Basel eingetragen. Seinem Schweizer Pass. Einen anderen hat der Mittelfeldstar des FC Arsenal nämlich nicht – weder einen albanischen noch einen kosovarischen. Und genauso wenig besitzt er die Staatsangehörigkeit dieser Länder. Zeitlebens hatte er nie einen anderen als den Schweizer Pass. Das bestätigt sein Berater André Gross. Der Berner Anwalt muss es wissen – er sitzt jeweils mit am Tisch, wenn Xhaka neue Verträge mit den Grossclubs aushandelt. Der Schweizerische Fussballverband (SFV) hatte letzte Woche andere Informationen verbreitet. Xhaka besitze den albanischen Pass, sagte Sprecher Marco von Ah. Ebenso einen albanischen Pass besässen die Nationalspieler Xherdan Shaqiri und Valon Behrami. Die Angaben schienen schlüssig zu sein, hatten doch Xhaka und Shaqiri im Gruppenspiel gegen Serbien beim Jubeln mit ihren Händen den Doppeladler geformt. Der Doppeladler prangt auf der Flagge Albaniens.
Verband macht aus «Nationalität» einen Pass
Die Auskunft zu den Pässen seiner Spieler gab der Verband im Zuge der Doppelbürger-Debatte, die SFV-Generalsekretär Alex Miescher nach dem Ausscheiden der Schweiz losgetreten hatte. In einem Interview stellte Miescher die provokante Frage: «Wollen wir Doppelbürger?» Es dauerte nicht lange, und die Debatte flog dem Verband um die Ohren. Vor zwei Tagen entschuldigte sich Präsident Peter Gilliéron öffentlich.
Doch weshalb wurde Xhaka ein albanischer Pass angedichtet? Wie sich jetzt zeigt, beruhen die Angaben des Verbands auf einer Umfrage, die vor der WM 2014 gemacht wurde. Sprecher von Ah sagt: «Seither kann sich einiges getan haben, was nicht Niederschlag fand in unserer Datenbank.» Zu Xhaka hält er nun fest: «Als zweite Nationalität ist bei uns Kosovo vermerkt (nicht Albanien).»
Einen Tag später wird die Verwirrung noch grösser. Von Ah schreibt, der Eintrag zur kosovarischen Nationalität stamme aus einer Liste, «die 2015 in Umlauf war und welche von den damaligen Spielern von Hand ausgefüllt wurde». Es handle sich um «keine offizielle Liste des SFV», sie sei lückenhaft und nicht verifiziert.
----------
----------
Schliesslich verweist von Ah an Berater Gross. «Er weiss am meisten und auch, was er an Medien weitergeben darf.» Die Frage, was «Nationalität» für den SFV bedeutet, lässt der Sprecher offen. Ebenso unklar ist, wie aus der kosovarischen Nationalität ein albanischer Pass werden konnte.
Tatsache ist: Der Begriff «Nationalität» ist im Schweizer Recht nicht definiert, wie Lukas Rieder, Sprecher des Staatssekretariats für Migration, sagt. Xhaka kann also eine «kosovarische Nationalität» haben, wenn er denn will, ohne einen entsprechenden Pass zu besitzen. Doppelbürger im Sinn der Schweiz ist er damit aber noch nicht. Doppelbürger sind laut Rieder nur Personen, die das Bürgerrecht von zwei Ländern besitzen. Bürgerrecht wiederum ist das Gleiche wie Staatsangehörigkeit.
Vor jedem Länderspiel wird kontrolliert
Xhaka bezeichnete sich in einem Interview, das er als Reaktion auf Mieschers Provokation gegeben hatte, als «aktuellen Doppelbürger». Tatsächlich ist das gemäss den Aussagen seines Beraters falsch. Und auch die Behörden sehen dies anders: Im Personenregister der albanischen Botschaft in Bern gibt es keinen Granit Xhaka mit Jahrgang 1992.
Der Spieler selber will sich nicht mehr zum Thema äussern. Gesichert ist immerhin: 2014 wurde Xhaka zum Ehrenbotschafter Kosovos ernannt. Damit geht aber in der Regel keine Staatsbürgerschaft einher.
Die Frage ist nun: Stimmen wenigstens die Angaben zu Shaqiri und Behrami? Besitzen sie jeweils den albanischen Pass?
Shaqiri schweigt ebenso
Zumindest bei Behrami gibt es Zweifel. Verbürgt ist, dass er mal den serbischen Pass besass. Wie er Journalisten erzählte, warf er diesen irgendwann weg. Die Staatsangehörigkeit kann aber auch ohne Pass weiterbestehen.
Eine entsprechende Anfrage liess sein Management unbeantwortet. Ebenso schweigt Shaqiri.
Auch der Verband blockt nun ab. Fragen zu den Pässen der Spieler können «frühestens Anfang September» geklärt werden, sagt von Ah. Es spiele ja auch der Persönlichkeitsschutz eine Rolle.
Immerhin beim Schweizer Pass will es der Fussballverband genau nehmen. Der Sprecher schreibt: «Dieser wird vor jedem Länderspiel kontrolliert.»
Dieser Artikel wurde automatisch aus unserem alten Redaktionssystem auf unsere neue Website importiert. Falls Sie auf Darstellungsfehler stossen, bitten wir um Verständnis und einen Hinweis: community-feedback@tamedia.ch