Gefängniszelle statt Regierungspalast
Ein Gericht hat Brasiliens Ex-Präsident wegen Korruption zu einer Gefängnisstrafe verurteilt. Noch ist Luiz Inácio Lula da Silva aber auf freiem Fuss.

Der brasilianische Ex-Präsident Luiz Inácio Lula da Silva ist am Mittwoch von einem Bundesgericht wegen Korruption und Geldwäsche zu neuneinhalb Jahren Gefängnis verurteilt worden. Während des Berufungsverfahrens wird er auf freiem Fuss bleiben. Die frühere Partei des Ex-Präsidenten und dessen Verteidigung reagierten empört auf das Urteil und witterte einen Angriff auf die Demokratie des Landes.
Die Anwälte Lulas veröffentlichten eine Erklärung, in der sie das Urteil scharf kritisierten. Der ehemalige Präsident sei ein Opfer von Rechtsmissbrauch, wie es aus Diktaturen bekannt sei, schrieb die Verteidigung Lulas. Einige Hundert Unterstützer versammelten sich Mittwochabend in Sao Paulo, um gegen das Urteil zu protestieren. Dieses sei eindeutig eine politische Entscheidung gewesen, um Lula von einer Kandidatur im kommenden Jahr abzuhalten, erklärte einer der Demonstranten.
Lula wird Bestechung vorgeworfen
Lula wurde vorgeworfen, eine Strandwohnung als Bestechung von dem Baukonzern OAS erhalten zu haben. Die Staatsanwaltschaft gab auch an, OAS habe Reparaturen an der Wohnung vorgenommen und dafür gezahlt, um Lulas Eigentum zu lagern. Der ehemalige Präsident hat die Vorwürfe als komplett unbegründet bezeichnet. Der Fall ist Teil von umfassenden Korruptionsermittlungen, die die brasilianische Politik erschüttert haben.
Lula war von 2003 bis 2010 brasilianischer Staatschef. Er führt in Umfragen für die Präsidentschaftswahl im kommenden Jahr. Bundesrichter Sérgio Moro schrieb in seinem Urteil, die strafrechtliche Verurteilung eines früheren Präsidenten sei bedauernswert. Das Gesetz stehe über einer Person, egal, wie hoch deren Stellung sei.
Verurteilt: Fast zehn Jahre Haft für Brasiliens Ex-Präsident. Video: AFP
Berufung angekündigt
Moro sagte, er habe nicht die sofortige Verhaftung Lulas angeordnet, weil die Verurteilung eines ehemaligen Präsidenten eine derart ernste Angelegenheit sei, dass zuerst eine Berufung angehört werden sollte. Die Staatsanwälte, die den Fall betreuen, kündigten eine Berufung an, um eine höhere Bestrafung zu erreichen.
Gegen den ehemaligen Gewerkschaftsführer laufen noch weitere Verfahren. Sollte eine Gruppe Richter das Urteil bestätigen, wäre es Lula per brasilianischem Gesetz nicht erlaubt, für ein Amt zu kandidieren. Moro urteilte, dass Lula 19 Jahre kein öffentliches Amt bekleiden sollen dürfe.
«Angriff auf Demokratie»
Die Verurteilung Lulas stelle einen Angriff auf die Demokratie und die Verfassung dar, erklärte die brasilianische Arbeiterpartei, die Lula einst mitbegründet hatte, in einer Mitteilung. Auch wenn es sich im eine Entscheidung eines niedrigeren Gerichts handelte, sei diese falsch, willkürlich und absolut illegal, schrieb die Partei. Richter Moro sei parteiisch und wolle die öffentliche Meinung über Lula beeinflussen.
Lulas Präsidentschaft traf mit einem wirtschaftlichen Aufschwung in Brasilien wegen boomender Warenpreise zusammen. Er nutzte die Gewinne, um grosszügig soziale Programme zu finanzieren, was ihn zu einem Held für die ärmere Bevölkerung machte. Lula verliess sein Amt mit Umfragewerten von 87 Prozent. Als seine Nachfolgerin wurde die von ihm ausgesuchte Dilma Rousseff gewählt. Als die Warenpreise sanken, implodierte die Wirtschaft des Landes und die Beliebtheit der Arbeiterpartei und der Präsidentin Rousseff stürzte ab. Rousseff wurde später des Amtes enthoben und mit Temer ersetzt.
AP/woz/chk
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