Private übernehmen SicherheitsaufträgeGefangene werden von Security-Firmen betreut
In Zürich übernehmen immer mehr private Sicherheitsorganisationen staatliche Aufgaben. Experten warnen.

Sie machen Wochenenddienst in Gefängnissen, haben teilweise Zugriff auf Reizsstoffsprays sowie Hand- und Fussschellen. Längst sind es nicht mehr nur staatliche Angestellte, die in Gefängnissen oder Spitälern heikle Aufgaben übernehmen. Auch immer mehr private Sicherheitsfirmen werden mit solchen Aufgaben betraut.
Das geht aus Verträgen zwischen dem Amt für Justizvollzug und Wiedereingliederung des Kantons Zürich und Delta Security hervor, wie der «Sonntags-Blick» berichtete.
Ab März 2023 wird Delta Security in den Zürcher Gefängnissen für Aufsichts- und Sicherheitsdienste, Nachtdienste sowie die Begleitung von Klientengesprächen verantwortlich sein. Den Kanton kostet das 4,1 Millionen Franken.
Private bewachen Häftlinge in Spitälern
Private Sicherheitsdienste kommen auch bei Insassen zum Einsatz, die in Spitälern polizeilich überwacht werden müssen. Meistens handelt es sich um Personen, die in einer Justizvollzugsanstalt nicht die nötige Behandlung erhalten. Bei solchen Patienten bewachen seit etwas über einem Jahr nicht mehr zwingend Polizisten die Krankenzimmer, sondern auch Mitarbeiter der Sicherheitsfirma Vüch AG.
«Deren Bewachung in Spitälern und Kliniken, wo Betrieb und Infrastruktur nicht auf einen Freiheitsentzug ausgerichtet sind, stellt eine besondere Herausforderung dar», schreibt die Kantonspolizei dem «Sonntags-Blick». Trotzdem beurteilt das Amt für Justizvollzug diese Auslagerungen als unproblematisch.

Johanna Bundi Ryser, Präsidentin des Verbandes Schweizerischer Polizei-Beamter, hält diese Praxis für «sehr fraglich», sagt sie dem «Sonntags-Blick». Der Umgang mit Festgenommenen solle nicht an private Firmen ausgelagert werden. Zu Privatfirmen, die schweizweit Aufgaben der Polizei übernehmen, sagt sie: «Es ist nicht Aufgabe von Privatfirmen, auf öffentlichem Grund Pflichten der Polizei zu übernehmen.»
Die Verantwortlichen in den Gemeinden und Kantonen sehen in der Praxis keine Gefährdung des Gewaltmonopols. Die Befugnisse der Privaten seien klar definiert und stark eingeschränkt, heisst es aus mehreren Kantonen. Experten kommen dagegen zum Schluss, dass kantonale Lösungen zum Einsatz privater Sicherheitskräfte «wirkungsschwache Regulierungsversuche» seien, die einfach zu unterlaufen seien.
«Es braucht eine Rechtsgrundlage»
Florian Düblin, Generalsekretär der Konferenz der kantonalen Justiz- und Polizeidirektorinnen und -direktoren, hält fest, dass bei der Delegierung von Polizeiaufgaben an private Firmen eine ausreichende Rechtsgrundlage bestehen müsse. «Je tiefer der mit dem Auftrag verbundene Eingriff in die Freiheitsrechte der betroffenen Personen, desto detaillierter müssen die Aufgaben, Kompetenzen und Pflichten der ausführenden Mitarbeitenden sein», sagt Düblin.
2019 reichte die Nationalrätin Priska Seiler Graf (SP) eine Motion ein, wonach die Regeln schweizweit vereinheitlicht werden sollten. Diese scheiterte jedoch am Ständerat. Seiler Graf erwägt nun aber, nochmals einen Vorstoss zum Thema zu machen.
dsa
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