Geheimdienstchef Urs von Daeniken entmachtet
Der Bundesrat hat Jürg Bühler zum Interimschef des Inland- geheimdienstes ernannt - und den bisherigen Chef Urs von Daeniken kalt abserviert.
Eveline Widmer-Schlumpf hat sich gestern mit einem brisanten Personalentscheid durchgesetzt: Auf Antrag der Justizministerin ernannte der Bundesrat den 44-jährigen Jürg Bühler, bisher stellvertretender Chef des Inlandgeheimdienstes (DAP), auf 1. Januar zu dessen Interimsdirektor. Dies teilte das Verteidigungsdepartement (VBS) mit. Bemerkenswerterweise stand im Communiqué kein Wort dazu, was mit dem derzeitigen DAP-Chef Urs von Daeniken geschieht. Über Umwege war zu erfahren: Der 57-Jährige ist ab Ende Jahr nicht mehr Geheimdienstchef. Für ihn werden neue Aufgaben im Justizdepartement (EJPD) gesucht. Urs von Daeniken erklärte auf Nachfrage nur: «Es ist noch völlig offen, was ich in Zukunft tun werde. Ich kommentiere den Bundesratsentscheid nicht.»
Hintergrund der Entmachtung ist die Reorganisation der Nachrichtendienste. Auf 1. Januar wechselt der grosse Teil des Inlandgeheimdienstes - dem Vernehmen nach etwa 100 der 140 Mitarbeiter - vom EJPD ins VBS. Dort ist bereits der Auslandgeheimdienst angesiedelt. Mit dem Transfer unterstehen beide Dienste neu demselben Departement. Das Parlament fordert dies seit Jahren, da es in der Vergangenheit mehrfach zu Doppelspurigkeiten und Pannen gekommen ist.
Projektleiter der Überführung ist ab sofort Jürg Bühler. Weshalb nicht von Daeniken den Transfer leitet und warum er auf Ende Jahr den Hut nehmen muss, wollte offiziell niemand begründen. Zwar wird der Chefposten nach der Reorganisation neu ausgeschrieben, und auch von Daeniken kann sich bewerben. Seine Wahlchancen sind indes gering, denn seine Amtsführung wird seit Jahren beanstandet. Offenbar erachtete Widmer-Schlumpf den Zeitpunkt nun als ideal, einen Schlussstrich unter von Daenikens Karriere als Geheimdienstchef zu ziehen.
Fichenaffäre als Glücksfall
Der Solothurner Fürsprecher kann auf eine 27-jährige Karriere beim Geheimdienst zurückblicken. 1981 trat er in den Dienst der damaligen Bundespolizei (Bupo). Die Fichenaffäre von 1989 erwies sich als Glücksfall für seine Karriere. Bupo-Chef Peter Huber wurde beurlaubt, und Stellvertreter von Daeniken rückte interimistisch nach. 1993 wurde er Chef der Bupo, aus der 2001 der DAP hervorging.
Seit längerem wird von Daeniken vorgeworfen, mit dem DAP eine Art Eigenleben zu führen. Insider geben vor allem ihm die Schuld, dass bisher alle Anstrengungen für eine bessere Kooperation zwischen dem Inland- und dem Auslandgeheimdienst gescheitert sind. Zudem kam es in den letzten Jahren zu mehreren Pannen. So war der sogenannte Moscheespion Claude Covassi von 2005 bis 2006 für beide Dienste gleichzeitig tätig und führte sie an der Nase herum. 2005 liess der DAP den mutmasslichen Terroristen Mohamed Achraf trotz klarer Hinweise aus Spanien um ein Haar ziehen. Zuletzt sorgte der DAP diesen Sommer für Kritik, als bekannt wurde, dass er in Basel türkischstämmige Grossräte überwacht hat.
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