Sensationeller Adelboden-SiegerEr war zu wenig gut, jetzt schlägt er alle
Er fiel aus dem ÖSV-Kader, musste als Polizist arbeiten und seine Ski selbst präparieren. Nun feiert Johannes Strolz in Adelboden den Sieg. Die Schweizer überzeugen im Team.

Da sitzt Johannes Strolz also und kann sein Glück kaum fassen. Fahrer um Fahrer scheitert an seiner Marke. Der Vorarlberger schüttelt in der Leaderbox ungläubig den Kopf, die Tränen schiessen ihm in die Augen.
Strolz gewinnt tatsächlich den Slalom von Adelboden, vor Landsmann Manuel Feller und dem Deutschen Linus Strasser. Es passt zu diesem verrückten Rennen, reüssiert einer, den kaum jemand auf der Rechnung hatte. Von einer Überraschung zu schreiben, wäre im Fall von Strolz eine glatte Untertreibung. Schliesslich zweifelte auch der österreichische Skiverband am 29-Jährigen, verbannte ihn wegen schlechter Resultate aus dem Kader.
Der Dank an den Vater
Und so spricht Strolz von einem Traum, der wahr geworden sei. «Ich hatte schon so viele Rückschläge – man fängt halt dann an zu zweifeln. Aber ich war mir sicher, dass ich noch mehr in mir habe, und jetzt konnte ich es endlich einmal zeigen», sagt er im ORF-Interview.
Im Frühling arbeitete Strolz gar als Polizist, dann tat er sich mit Marc Digruber zusammen – einem Leidensgenossen, der ebenfalls aus dem ÖSV-Kader aussortiert wurde. Die beiden sind für vieles selbst verantwortlich, etwa für die Präparierung der Ski. Eigentlich spricht wenig dafür, dass sie es unter diesen Umständen noch nach ganz vorne schaffen.
Doch in diesem Slalom von Adelboden kommt vieles anders als erwartet. Im ersten Lauf etwa scheitern mit Clément Noël und Sebastian Foss-Solevaag die Topfavoriten. Die schnellsten zehn liegen nur 44 Hundertstel auseinander, gleich 24 Fahrer klassieren sich innert einer Sekunde. Nie in den letzten dreissig Jahren waren die Abstände in einem Slalomlauf geringer. Strolz und Digruber qualifizieren sich mit den Startnummern 38 respektive 35 für den zweiten Durchgang. Derweil Letzterer als 17. immerhin ein paar Weltcuppunkte gewinnt, behält Strolz im dichten Schneetreiben die Nerven und setzt zum grossen Wurf an.
Sein Vater Hubert triumphierte 1988 in der Olympiakombination. Und er ist es, der seinem Sohn auch in schwierigen Zeiten Mut macht. Gerührt sagt Strolz im Zielraum: «Er hat immer an mich geglaubt, danke, Papa!» Überhaupt habe er von der Familie und Freunden viel Unterstützung erhalten. «Ich bin einfach glücklich, kann ich ihnen auf diese Weise etwas zurückgeben.»
Starke Schweizer Teamleistung
Anders als am Vortag, als Marco Odermatt zum grossen Helden wurde, müssen die Schweizer im Slalom den Erzrivalen den Vortritt lassen. Aber sie überzeugen als Team: Sieben qualifizieren sich für die Entscheidung, sechs holen Punkte. Die Schweizer sind die Besten nach den Besten. Ramon Zenhäusern (4.) und Luca Aerni (5.) sind so stark wie nie in diesem Winter, als Belohnung resultiert die Olympiaqualifikation. Daniel Yule, 2020 Sieger in Adelboden, bestätigt als Achter seine Aufwärtstendenz – selbiges gilt für Loïc Meillard (6.).
Vor allem für Zenhäusern ist die Leistung ein Aufsteller. Hinter dem 2-Meter-Mann aus dem Wallis liegt «der schwierigste Saisonstart meiner Karriere». Eine Schulterverletzung löste bei ihm eine mentale Blockade aus, Zenhäusern konnte nicht mehr voll attackieren. Die Folge: In Val-d’Isère wurde er nur 22. Dann kamen starke Rückenschmerzen dazu, die ihn gerade in Madonna di Campiglio beeinträchtigten, wo letztlich Rang 18 resultierte.
Nun ist Zenhäusern gesundheitlich wieder einigermassen auf der Höhe, wobei er die Schulter nach der Saison wird operieren lassen müssen. Die Olympiaqualifikation geschafft zu haben, sei für ihn eine grosse Erleichterung, sagt Zenhäusern. Bis jetzt habe er damit zugewartet, die Registrationsformulare für Peking auszufüllen. «Nun kann ich das in aller Ruhe machen.»
Der Januar ist für die Techniker der wichtigste Monat, bis zu den Olympischen Spielen stehen die Klassiker in Wengen, Kitzbühel und Schladming an. Mit ihrer Leistung am Chuenisbärgli haben die Schweizer angedeutet, dass mit ihnen zu rechnen ist. Oder, um es in den Worten von Daniel Yule zu sagen: «Es geht in die richtige Richtung, das war eine ganz solide Leistung.»
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