Geile Gipfeli
Seine Baguettes liebt ganz Zürich, nun macht Seri Wada auch Croissants im französischen Stil. Wer eines abbekommen will, muss schnell sein.

Die neuesten Werke von Seri Wada als geile Gipfeli zu bezeichnen, ist eigentlich eine Respektlosigkeit. Es sind geile Croissants au beurre. Geil, weil sie so gut schmecken, Croissants au beurre, weil auf 1,5 Kilo Teig neben 30 Gramm Salz und 150 Gramm Zucker satte 500 Gramm Butter kommen. «Die Fettmenge ist sicher der grösste Unterschied zwischen einem Croissant und einem Schweizer Gipfeli», sagt Wada, der sich in den vergangenen Monaten schrittweise an sein Idealbild des Frühstücksgebäcks herangetastet hat. Wenn ihn jemand frage, ob er jetzt Gipfeli mache, verneine er und betone, dass es sich um Croissants au beurre handle.
Das Ergebnis, das vor uns liegt, erfüllt schon einmal die wichtigste Qualitätsanforderung von Homer Simpson: Legt man eine Seri-Croissant auf ein weisses Blatt Papier, wird dieses an mehreren Stellen durchsichtig. Sie erinnern sich: 500 Gramm Butter werden in 1,5 Kilogramm Teig eingeschlagen. Im Inneren ist das Croissant au beurre nicht zu dicht, sondern ziemlich luftig, mit gleichmässigen Blasen, einer Art Bienenwabenstruktur. Aber noch immer weit entfernt von jenen sinistren, übertrieben luftigen Gipfeli, die im Grunde genommen nichts anderes sind als essbare Watte mit Fett.
Die Lehre von der Croissantometry
Wada, auch für jemanden mit japanischen Wurzeln sehr perfektionistisch veranlagt, hat ganz genaue Vorstellungen davon, wie die Dinger aussehen müssen, die er herstellt. Und er hat sämtliche Konkurrenzprodukte in der Stadt nicht nur probiert, sondern auch aufgeschnitten, gewogen und vermessen. «Croissantometry» nennt er diese Tätigkeit, deren gewissenhafte Dokumentation auf seinem Instagram-Account zu bewundern ist. Er ist überzeugt: Für die Konsistenz eines Croissants ist die Gärzeit entscheidend. Zu lang bedeute zu flach, zu kurz zu wenig Volumen.
Besonders intensiv befasste und befasst er sich mit der Oberfläche der Croissants. Anders als die meisten hiesigen Bäcker will er oben keine Bläschen sehen, sondern einen an eine Lackierung erinnernden Belag. Der kommt vom Eigelb, mit dem man die Croissants bestreicht und bewahrt seine Gestalt, wenn man auf das sonst übliche Beschwaden mit Dampf verzichtet. Noch sei nicht alles perfekt, findet der Perfektionist. «Ich muss die Croissants vor dem Backen in die Gärschublade schieben, in der eine hohe Luftfeuchtigkeit herrscht, darum reagieren sie ein ganz kleines bisschen wie beim Beschwaden.»
Und der Geschmack der kleinen Kunstwerke? «Der soll in die liebliche, süsse Richtung gehen. Schweizer Gipfeli tendieren nach meinem Geschmack zu sehr ins Salzige», erklärt der Boulanger amateur und nimmt sich auch gleich des Themas Brösmeli an: «Es muss beim Abbeissen schon eine kleine Schweinerei geben, dann passt es.»
Die Blaue Mauritius unter den Backwaren
Das wohl beste Zürcher Croissant au beurre hat seine Wurzeln übrigens – autsch! – in Basel. Und zwar bei der Bäckerei Kult, der Seri Wada im Sommer drei Studienbesuche abstattete. Danach fing der ehemalige Finanzberater an, daheim mit 100 Gramm Butter und entsprechend kleinen Teigmengen zu experimentieren, bis er schliesslich in der Backstube mit 1-Kilo-Butterplatten arbeitete, die 1,2 Meter messen.
Derzeit kann Wada pro Tag neben der Baguetteproduktion nur 30 Croissants backen, was diese zu einer Art Blauer Mauritius unter den Backwaren macht. Wer ein Exemplar abbekommen möchte, muss zur richtigen Zeit am richtigen Ort sein. Zum Beispiel um 9 Uhr morgens im Welschland an der Zweierstrasse. Dorthin liefert der Bäcker von Montag bis Donnerstag zehn Stück aus. «Als ich das kürzlich einem Liebhaber meiner Croissants verriet, machte der sich auf, das ganze Sortiment aufzukaufen. Ein wenig später kam dann eine Nachricht: Er habe es nicht übers Herz gebracht, den anderen Kunden alles wegzukaufen», erzählt Wada. Vier Croissants gönnte sich der Seri-Fan aber.
Bilder – die 10 grössten Ärgernisse im Restaurant:
Dieser Artikel wurde automatisch aus unserem alten Redaktionssystem auf unsere neue Website importiert. Falls Sie auf Darstellungsfehler stossen, bitten wir um Verständnis und einen Hinweis: community-feedback@tamedia.ch