Gigantischer Markt mit Tücken
Für Nestlé und Implenia läuft es in Russland gut. Die positiven Beispiele sind jedoch mit Vorsicht zu geniessen. Für gewisse Firmen ist eine Expansion in den Osten alles andere als ratsam.

Russland bietet ein enormes Potenzial, das zu wenig genutzt wird: Diesen Eindruck hat die Schweizer Wirtschaftsdelegation am zweiten Tag ihrer Russland-Reise gewonnen. Trotz der teilweise schwierigen Geschäftsbedingungen wollen sich viele Schweizer Firmen dort stärker engagieren.
«Die Perspektiven für unsere Wirtschaftsbeziehung sind vielversprechend», sagte Bundesrat Johann Schneider-Ammann am Montag in seiner Rede vor der russischen Industrie- und Handelskammer in Moskau. «Wir haben in den letzten Jahren ein wachsendes Interesse von Schweizer Unternehmen an einer Expansion nach Russland gespürt.»
Mehrere Schweizer Unternehmen sind bereits mit Erfolg im riesigen Markt tätig. Für den Nahrungsmittelkonzern Nestlé etwa ist Russland mit seinen 142 Millionen Einwohnern das viertwichtigste Absatzland in Europa. Das Waadtländer Unternehmen verkauft dort jährlich Produkte im Wert von 2,4 Milliarden Franken und beschäftigt 10'000 Personen.
Konjunktur schwächelt
Auch der grösste Schweizer Baukonzern Implenia hat den Schritt nach Russland nicht bereut: «Unsere Erfahrungen in Russland in den letzten Jahren sind gut», sagte Implenia-Präsident Anton Affentranger. «Wir sehen unser Engagement als langfristig an. Es handelt sich um einen reichen Markt, aber es wird noch eine Generation dauern, bis er sich voll entwickelt hat.»
Nur rosig sieht die wirtschaftliche Situation in Russland zurzeit nicht aus. «Das Land hat sich noch nicht von der Krise erholt», sagte Frank Schauff, Direktor der Vereinigung der europäischen Unternehmer in Russland vor der Delegation des Schweizer Wirtschaftsministers und rund zwanzig russischen Wirtschaftsvertretern.
Für die nächsten Jahre erwarten Experten für Russland ein Wirtschaftswachstum von 3,5 Prozent pro Jahr. 2008 war die russische Wirtschaft noch um 8 Prozent gewachsen. Die Inflation dürfte bei hohen 8 Prozent verharren.
Die unsichere Rechtslage, die Bürokratie und die Korruption sind weitere Probleme. Diese Punkte haben sich in den letzten Jahren trotz Versprechen der Regierung nicht wesentlich verbessert. Auch die angestrebte Mitgliedschaft in der Welthandelsorganisation (WTO) ist laut Frank Schauff in nächster Zeit nicht zu erwarten.
Gegenüber China im Hintertreffen
Grosse Unternehmen haben die Ressourcen, diese Herausforderungen zu meistern - für viele Kleine und Mittlere Unternehmen (KMU) wirken sie hingegen abschreckend.
«Die Minister, mit denen ich mich heute getroffen habe, sind sich dieser Probleme bewusst. Aber die Probleme zu lösen ist ein langer Prozess», sagte Johann Schneider-Ammann gegenüber den Medien. Er hatte zuvor Gespräche mit dem Vize-Premierminister Alexander Schukow und dem Handels- und Industrieminister Viktor Christenko geführt.
Schneider-Ammann zog den Vergleich zwischen Russland und China, und sah die Volksrepublik eine Stufe höher positioniert, was die Rahmenbedingungen für die Unternehmen betrifft. «Das wird eine grosse Herausforderung für Russland in den nächsten Jahren», sagte der Bundesrat.
«Russland hat aber gewisse Vorteile: Ein enormer Markt, eine europäische Kultur und eine gemeinsame Geschichte mit der Schweiz. Darauf lässt sich bauen.»
Treffen mit Medwedew
Johann Schneider-Ammann weilt seit Sonntag zu einer viertägigen Wirtschaftsreise in Russland. Wichtigster Programmpunkt ist die Teilnahme des Wirtschaftsministers an einem Treffen von Bundespräsidentin Micheline Calmy-Rey mit Russlands Präsidenten Dmitri Medwedew am Mittwoch.
SDA/mrs
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