Gingen 109 Millionen am Fiskus vorbei?
Dem mit seinen Angola-Geschäften gestrauchelten Jean-Claude Bastos drohen Bussen und Nachsteuern im hohen zweistelligen Millionenbereich.
Seit fünf Monaten ermittelt die Eidgenössische Steuerverwaltung gegen den schweizerisch-angolanischen Geschäftsmann Jean-Claude Bastos und dessen Helfer. Nun zeigen Recherchen: Mindestens acht Firmen und Niederlassungen in Zug, Zürich und Lugano liessen die Steuerermittler am 16. Mai durchsuchen. Der Berg an Dokumenten war so gross, dass die Beschlagnahmungen teilweise erst am Folgetag abgeschlossen wurden.
Die Steuerverwaltung fährt zweigleisig. Erstens ermittelt sie wegen Verdachts auf Steuerhinterziehung, Steuerbetrug sowie Gehilfenschaft dazu gegen Bastos, zwei seiner Zuger Quantum-Global-Firmen, deren Verwaltungsratspräsidenten Thomas Ladner und gegen die grosse Beratungsgesellschaft KPMG. Zweitens führt sie ein Strafverfahren gegen Bastos und Ladner, weil sie vermutet, dass nicht nur Gewinn- und Einkommenssteuern hinterzogen wurden, sondern auch Verrechnungssteuern, was separat verfolgt wird.
Bastos verwaltete mit seiner Quantum-Global-Gruppe bis Anfang Jahr den angolanischen Staatsfonds. Dazu nutzte er unter anderem eine Firma auf Mauritius. Dieser flossen von 2014 bis 2016 rund 161 Millionen Dollar Kommissionen zu. Davon überwies sie 38 Millionen als Beratungsgebühren an eine Schweizer Quantum-Global-Firma. Daneben hatte Bastos' mauritische Firma zumindest bis Ende 2015 keine weiteren grösseren Ausgaben und auch fast kein Personal. Deshalb konnte Bastos einen guten Teil der Kommissionen direkt als Dividenden aus der mauritischen Firma abschöpfen, wie die Paradise Papers gezeigt haben.
Gesteuert aus der Schweiz
Weil die mauritische Firma also kaum Substanz hatte, folgert die Eidgenössische Steuerverwaltung nun, dass sie «von der Schweiz aus geleitet» und ihre «wesentlichen Tätigkeiten durch die Schweizer Gesellschaften ausgeübt worden seien». Deshalb hätte ihr Gewinn steuerlich den beiden Zuger Gesellschaften zugerechnet und in der Schweiz versteuert werden müssen. Insgesamt hätten die Schweizer Quantum-Global-Firmen «ihnen zustehende Erträge von 109 Millionen Franken nicht verbucht».
So steht es in einem neuen Beschluss des Bundesstrafgerichts. Das Gericht lehnt darin eine Beschwerde der beiden Zuger Quantum-Global-Firmen gegen die Beschlagnahme von Dokumenten ab, unter anderem weil das Mittel «angesichts der Schwere des Tatvorwurfs» gerechtfertigt sei. Daneben hält das Gericht auch fest, dass Bastos «eine komplexe Struktur von Gesellschaften aufgebaut hat, welche sich offenbar gegenseitig Leistungen verrechnen. Die tatsächliche Funktion der einzelnen Gesellschaften erscheint nicht als transparent.»
Quantum Global und Verwaltungsratspräsident Thomas Ladner nehmen nur summarisch Stellung: «Wir halten fest, dass sich der tatsächliche Sachverhalt anders präsentiert. Die Vorwürfe basieren auf falschen Annahmen. Sie betreffen vor allem Transferpreise zwischen der Schweiz und Mauritius, über die es, wie in jedem international tätigen Unternehmen, auf der Faktenebene immer Diskussionen mit den jeweiligen Steuerbehörden gibt, die sachlich im Dialog gelöst werden können.» Es gilt die Unschuldsvermutung.
KPMG liess Firma weg
Fragen wirft die Rolle der KPMG auf. Die Beratungsfirma war die Steuervertreterin von Bastos und steht im Verdacht, den Steuerbehörden Informationen vorenthalten zu haben. Das habe Bastos ermöglicht, sein Einkommen zu tief zu deklarieren. Aus dem Entscheid des Bundesstrafgerichts geht zusätzlich hervor, dass die KPMG 2015 den Steuerbehörden eine sogenannte Transferpreis-Studie eingereicht hat. In solchen Studien werden normalerweise die Preise für die Verrechnung von Leistungen innerhalb einer Firmengruppe festgelegt. Trotz ihrer zentralen Rolle im Quantum-Global-Universum blieb die mauritische Firma laut dem Gerichtsbeschluss in der Studie unerwähnt.
Ob diese Weglassung eine bewusste Verschleierung war oder ob die KPMG davon ausging, diese Gesellschaft sei für die Höhe der Entschädigungen der Zuger Firmen nicht relevant, ist dem Gerichtsbeschluss nicht zu entnehmen. Ein renommierter Schweizer Steuerexperte bezeichnet es aber als «ungewöhnlich», dass ein verbundenes Unternehmen, das mit einer Gruppengesellschaft Geschäfte tätigt, in einer Transferpreis-Studie nicht einmal erwähnt wird.
Auch die KPMG äussert sich nicht zu konkreten Fragen und weist Vorwürfe pauschal zurück.
Für Bastos könnte es teuer werden: Nachforderungen von Gewinn- und Verrechnungssteuern sowie Bussen können über drei Viertel der 109 Millionen Franken ausmachen. Zum Vergleich: In Mauritius profitierte Bastos von einer extrem tiefen Besteuerung von maximal drei Prozent. 2015 musste seine mauritische Firma nur knapp 1,2 Millionen Dollar Steuern bezahlen, wie ein Dokument aus den Paradise Papers zeigt.
Bastos sitzt derzeit in Angola in U-Haft. Die angolanische Justiz wirft ihm vor, sich als Verwalter des Staatsfonds unrechtmässig und in grossem Ausmass bereichert zu haben. Bastos streitet alle Vorwürfe ab. In einem Statement bezichtigt Quantum Global Angolas Justiz der Einschüchterung, Nötigung und Verletzung der Menschenrechte.
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