Gipfel der Pannen
Das Treffen der Staats- und Regierungschefs startete mit einer beinahe unheimlichen Abfolge von unglücklichen Zwischenfällen. Dann bebte in Buenos Aires sogar noch die Erde.
Soll keiner sagen, dass alles schiefläuft bei diesem G-20-Gipfel. Zumindest der Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika ist pünktlich in Buenos Aires gelandet, er wurde freundlich empfangen und ohne Zwischenfälle in sein Hotel gebracht. Ein Grossaufgebot der Polizei eskortierte ihn durch die Nacht, Hubschrauber, Panzerwagen sowie eine beeindruckende Zahl an Motorrädern waren im Einsatz, was den Fernsehsender TN zur Eilmeldung verleitete: «Trump in einer endlosen Karawane.»
Donald Trump, der zuletzt eher mit der Verteufelung von Karawanen Schlagzeilen machte, bedankte sich für die Begrüssung, indem er sich danach zu seinem Treffen mit dem argentinischen Präsidenten Mauricio Macri verspätete. Falls der Gastgeber verärgert war, liess er es sich nicht anmerken, als Trump endlich auftauchte: «Wir haben 30 Jahre lang gewartet, dass du unser Land besuchst, und jetzt sind wir sehr froh, dass du da bist», sagte Macri. Man kennt sich, man duzt sich, die beiden schwerreichen Immobilien-Unternehmer verbindet eine lange Geschäftsbeziehung. Trump erzählte: «Ich kenne Mauricio seit vielen Jahren, er war ein sehr hübscher junger Mann.»
Video: Trump sagt Treffen mit Putin ab
Treffen abgesagt: Donald Trump wird keine Unterredung mit Wladimir Putin führen. (Video: Reuter)
Als Staatschef eines Landes, das sich in einer schweren Wirtschaftskrise befindet, ist Macri auf Trumps Unterstützung bei der Genehmigung von Milliardenkrediten angewiesen. Das vor allem steckte hinter dieser Demonstration einer intimen Freundschaft, die allerdings auch nicht ganz ohne Panne ablief. Offenbar streikte Trumps Kopfhörer für die Übersetzung, er warf ihn genervt auf den Teppich.
Macri schüttelte Prinz bin Salman wie jedem anderen Gast freundlich die Hand.
Einen schwerwiegenderen Lapsus leisteten sich die Argentinier beim Empfang von Emmanuel Macron. Als der französische Präsident sein Flugzeug verliess, war niemand da, um ihn abzuholen. Argentiniens Vizepräsidentin Gabriela Michetti hatte sich verspätet. Macron wurde lediglich von zwei Flughafenmitarbeitern begrüsst, einer von ihnen trug eine gelbe Warnweste – wie die Demonstranten daheim. Da hätte man gerne seine Gedanken gelesen. Vieles drehte sich zum Auftakt dieses Gipfels um die Frage, wer wen um wie viele Minuten versetzte.
Manch einem der Organisatoren dürfte es deshalb sogar ganz recht gewesen sein, dass eine Verspätung alle anderen in den Schatten stellte. Das vorherrschende Gesprächsthema am Freitag in Argentinien war natürlich, weshalb es ausgerechnet die Deutschen nicht hinkriegen, ein Flugzeug mit ihrer Kanzlerin pünktlich über den Atlantik zu schicken.
Wegen eines technischen Defekts ihres Regierungsflugzeugs hatte Merkel am Donnerstagabend auf dem Weg von Berlin nach Buenos Aires bereits in Köln landen müssen. Am Freitag ging es für die Kanzlerin dann via Spanien auf einem gewöhnlichen Linienflug nach Argentinien. Sie verpasste deshalb nicht nur ihr Gespräch mit Macri, sondern auch den sogenannten Retiro, das einzige Treffen, bei dem alle Staats- und Regierungschefs unter sich waren.
Allstar-Show der Bösewichte
Erwartet wurde, dass diese ungezwungene Debatte den Tonfall der gesamten Veranstaltung setzen würde. Und so, wie es um die Gesprächsatmosphäre unter den Mächtigsten der Welt derzeit bestellt ist, hätte eine ausgleichende Kraft der Runde gewiss nicht geschadet. Merkel dürfte es schliesslich gerade noch rechtzeitig zur abendlichen Tanzdarbietung im Teatro Colón geschafft haben.
Video: «Es war eine ernsthafte Störung»
Ausserplanmässige Landung in Köln statt in Buenos Aires: Angela Merkel kommt zu spät zum G-20-Gipfel. Video: AP/AFP
Die ursprüngliche Idee von G-20 war es ja, mit Schwellenländern wie China, Russland, Brasilien, Argentinien, Saudiarabien und der Türkei im Dialog zu bleiben, um neben Marktwirtschaft auch Demokratie, Menschenrechte und den Klimaschutz zu fördern. Der Gipfel von Buenos Aires trug aber am Freitag Züge einer Allstar-Show der Bösewichte. Trump und Xi Jinping, die Autokraten Wladimir Putin und Recep Tayyip Erdogan bestimmten mit ihren jeweiligen Interessen die Agenda.
Auf den saudischen Kronprinzen Mohammad bin Salman wartete bereits bei der Landung in Argentinien eine Anzeige wegen Menschenrechtsverbrechen und wegen seiner Verstrickung in den mutmasslichen Auftragsmord am Journalisten Jamal Khashoggi. Gastgeber Macri hätte theoretisch die Möglichkeit, die diplomatische Immunität des Kronprinzen aufzuheben. Dann könnte er an Ort und Stelle verhaftet werden, und die Frage nach einem konkreten Gipfelergebnis hätte sich erledigt.
Aber dazu wird es nicht kommen. Etwa zu der Zeit, als Buenos Aires von einem leichten Erdbeben der Stärke 3,8 erschüttert wurde, schüttelte Macri bei der offiziellen Begrüssung aber Mohammad bin Salman wie jedem anderen Gast freundlich die Hand.
Möglich, dass der Gipfel unruhig endet. Die Polizei stellte am Freitag Brandsätze sicher, die in einem Taxi in der Innenstadt entdeckt worden waren. Der Fundort lag in der Nähe der Strecke der geplanten Demonstration gegen den Gipfel.
Dieser Artikel wurde automatisch aus unserem alten Redaktionssystem auf unsere neue Website importiert. Falls Sie auf Darstellungsfehler stossen, bitten wir um Verständnis und einen Hinweis: community-feedback@tamedia.ch