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«Grenzen sind de facto ein Schwindel»

Der Titel Ihres Films lautet «Human Flow». Welche Bedeutung hat das Wort «Flow» für Sie, zu Deutsch «Strom»?

Es ist natürlich, dass Menschen flüchten?

Warum?

Der «Human Flow» entspricht also einem archaischen Verhaltensmuster des Menschen, das nur durch unser falsches Verständnis vom Gemeinwesen zum Problem wird?

Aber in Ihrem Film beschreibt der «Human Flow» doch eine menschliche Tragödie.

«Die chinesische Mauer konnte keine Fremdinvasionen verhindern. Heute glaubt Trump, mit einer Mauer die Migration aus Mexiko stoppen zu können. Das ist lächerlich.»

Ai Weiwei

Wenn der «Flow» in der Natur des Menschen liegt, setzt er sich dann letztendlich immer durch? Überwindet er alle Mauern und Zäune, die ihm entgegengestellt werden?

Die allerdings von vielen US-Amerikanern geteilt wird.

Sie zeigen in Ihrem Film eindrücklich die Zustände, die 2016 im Flüchtlingslager Idomeni herrschten. Der Grenzzaun, der die Flüchtlinge dort stoppte, wurde von der deutschen Politik offiziell kritisiert, doch insgeheim war Berlin vermutlich froh. Denn wenn weiter so viele Flüchtlinge nach Deutschland gekommen wären wie 2015, hätte das der rechtspopulistischen AfD noch mehr Auftrieb gegeben. Die Erleichterung der Verantwortlichen in Deutschland ist nachvollziehbar, oder nicht?

Was wäre aus Ihrer Sicht eine nachhaltige Lösung gewesen?

«Grenzen halten nur arme Leute auf, für die Reichen existieren sie nicht»

Ai Weiwei

Aber ist das nicht utopisch? Wenn es uns Europäern schon nicht gelingt, gemeinsam zu handeln, wie soll globale Kooperation funktionieren?

Wäre es zu weit hergeholt, das Konzept von «Human Flow» mit Ihrer Installation «Sunflower Seeds» im Jahr 2010 zu vergleichen? Damals liessen Sie in der Londoner Tate-Galerie 100 Millionen handbemalte Sonnenblumenkerne aus Porzellan aufschütten. Jeder einzelne ein Unikat, aber durch die schiere Masse geriet der spezifische Charakter in den Hintergrund.

Ist das der Grund, warum die Flüchtlingsproblematik zu einem grossen Thema Ihrer künstlerischen Arbeit geworden ist? Oder liegt das vielleicht auch daran, dass Sie selbst ein Flüchtling sind?

Der «Guardian» schrieb über Ihren Film: «Die Kamera konfrontiert uns mit dem ungeheuren Ausmass der Flüchtlingskrise, nun ist es an uns, zu handeln.» Können Sie mir empfehlen, was etwa ich als kleine unbedeutende Einzelperson tun kann?