Grenzkontrollen für alle Schengen-Bürger
Die EU will die Tore für Jihad-Rückkehrer dichtmachen: Dazu könnten bald systematische Kontrollen an den Aussengrenzen und ein intensiver Datenaustausch eingeführt werden. Betroffen ist auch die Schweiz.

Unter dem Eindruck der Attentate in Paris diskutieren die EU-Innen- und Justizminister am Donnerstag und Freitag im lettischen Riga über einen Strauss von Anti-Terrormassnahmen. Im Fokus des informellen Treffens steht, wie sich Europa vor «Rückkehrern» besser schützen kann. Die Angst vor «Rückkehrern» ist seit dem Anschlag auf das französische Satiremagazin «Charlie Hebdo» gestiegen. Denn sowohl der Attentäter in Brüssel, der vier Menschen getötet haben soll, sowie einer der Attentäter von Paris sind in Europa aufgewachsen. Beide sollen ausserdem im Ausland eine militärische Ausbildung erhalten haben.
Bereits letzte Woche beschlossen daher die EU-Aussenminister, zur Terrorbekämpfung mit Ländern im Nahen Osten, in Nordafrika sowie der Türkei besser zusammenzuarbeiten. Nun befassen sich auch die EU-Innenminister mit dem Thema. Konkret geht es darum, potenzielle Jihadisten bereits bei ihrer Rückreise nach Europa zu identifizieren. Da es sich bei diesen Leuten aber oft um Europäer handelt, gestaltet sich dies schwierig.
Denn heutzutage wird ein Schengen-Bürger bei seiner Einreise in den Schengenraum lediglich auf seine Identität hin überprüft. Ob er hingegen im Schengener Informationssystem registriert ist, etwa weil er zur Fahndung ausgeschrieben ist, wird nicht systematisch kontrolliert.
Unterschiedliche Risiko-Analysen
Nun steht bei den Ministern zur Diskussion, ob künftig alle Personen, die aus einem bestimmten Land oder Gebiet nach Europa reisen, systematisch via SIS überprüft werden sollen. Denn es ist bekannt, dass bei europäischen Jihad-Reisenden etwa die Route via Türkei nach Syrien besonders beliebt ist. Daran könnte man potenzielle Jihadisten frühzeitig erkennen.
Doch hier ergibt sich ein weiterer Knackpunkt, den es zu diskutieren gilt: Heute macht jeder Schengen-Staat seine eigene Risiko-Analyse – er bewertet selber, welche Reisenden aus welchen Gebieten als potenziell gefährlich gelten.
Gemäss einem Arbeitspapier der Innenminister sollen daher gemeinsam Risiko-Merkmale und Kriterien entwickelt werden, die künftig «systematisch im ganzen Schengenraum angewendet werden». Dies würde auch für die Schweiz zutreffen, da sie ebenfalls Schengen-Mitglied ist. Und obwohl sie ein Binnenland ist, verfügt auch sie via ihre Flughäfen über Schengen-Aussengrenzen.
Austausch von Flugpassagierdaten
Ein zweites Instrument zur Identifikation von Jihad-Reisenden ist der Austausch der Daten von Fluggästen. Dieser Vorschlag der EU-Kommission wird jedoch seit Jahren vom EU-Parlament aus Datenschutzgründen blockiert. Er sieht vor, die Fluggesellschaften dazu zu verpflichten, Daten aller Passagiere zu sammeln, die in die EU ein- oder ausreisen. Gespeichert werden sollen 19 persönliche Angaben wie Name, Adresse, Sitzplatz- und Kreditkartennummer für einen Zeitraum von bis zu fünf Jahren.
«Wir brauchen dieses System auf europäischer Ebene», warb vergangene Woche EU-Vizekommissionspräsident Frans Timmermans für den Vorschlag. Er zeigte sich zudem offen, über umstrittene Punkte im Gesetzesvorschlag mit dem EU-Parlament zu diskutieren.
64 Jihadisten aus der Schweiz
Gemäss Schätzung der EU-Polizeibehörde Europol haben sich 3000 Europäer auf den Weg in den «heiligen Krieg» nach Irak oder Syrien gemacht. Andere Stellen gehen von bis zu 5000 aus. Die europäischen Jihadisten stammen vor allem aus Frankreich, Belgien, Deutschland und Grossbritannien.
Aber auch die Schweiz kennt dieses Phänomen: Der Nachrichtendienst des Bundes registrierte seit 2001 64 Jihad-Reisende. Davon sind 39 nach Syrien oder in den Irak aufgebrochen. Gemäss dem Verteidigungsdepartement konnte gegenüber dem Dezember die Anzahl der «Rückkehrer» um minus eins auf 18 korrigiert werden – «darunter befinden sich drei bestätigte Fälle», heisst es weiter.
SDA/thu
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