Grenzwächter bekämpfen illegal Kiffer
Der Fall zieht Kreise bis in den Nationalrat. Schweizer Beamte wollten in Österreich den Schmuggel von Hanfsamen unterbinden. Mit illegalen Methoden.

Der St. Galler Sicherheitspolitiker und CVP-Nationalrat Nicola Paganini kann es nur schwer glauben. Kaum hatte der «Blick» die Sache publik gemacht, reichte er noch am Dienstag Fragen an den Bundesrat ein: «Wie gedenkt der Bundesrat künftig illegale Aktionen dieser Art auf fremdem Staatsgebiet zu unterbinden?» Und: «Welche straf- und disziplinarrechtliche Folgen hat der Vorfall?»
«Keine Staatsaffäre aus der Sache machen» will der St. Galler FDP-Nationalrat Walter Müller.
Auf den Plan gerufen hat den OLMA-Direktor, der seit letztem Jahr im Nationalrat sitzt, dass gemäss «Blick»-Recherchen Schweizer Grenzwächter illegal im österreichischen Vorarlberg vor Hanfläden spioniert haben sollen, um mutmassliche Cannabis-Züchter und Kiffer später an der Grenze anhalten und filzen zu können. Damit wird voraussichtlich Bundespräsident Ueli Maurer (SVP) in der Fragestunde des Nationalrats vom Montag als politischer Chef der Eidgenössischen Zollverwaltung zum Fall Stellung beziehen müssen. «Blick» und «20Minuten» verwiesen am Dienstag auf vorhandene Akten und Einsatzbefehle, die den Fall wasserdicht belegen sollen. Demnach beschatteten zivile Grenzwächter in Vorarlberg Personen aus der Schweiz vor Hanfläden.
In den Läden werden Cannabis-Samen angeboten und Anbau-Zubehör, was in Österreich legal ist, in der Schweiz aber nicht in jedem Fall. Die Beamten des Grenzwachtkorps III der Ostschweiz observierten in Zivilkleidung, machten Fotos und notierten Autokennzeichen. Grenzwächter in Uniform stoppten die gemeldeten Fahrzeuge und Lenker später bei den Grenzübergängen St. Margrethen (SG) und Au (SG). Die angehaltenen Personen hatten sich dort einer Leibesvisitation zu unterziehen und das Fahrzeug wurde durchsucht. Wurden Samen oder hierzulande verbotenen Utensilien gefunden, wurde die St. Galler Polizei herbei gerufen und die aufgrund mutmasslich illegaler Beweiserhebung Ertappten wurden verzeigt.
Fehlende Rechtsgrundlage
Viermal sollen die Grenzwächter letztes und dieses Jahr die Beschattungen in Vorarlberg durchgeführt haben, ohne Wissen der dortigen Behörden und ohne Rechtsgrundlage. Laut einer Quelle von «20Minuten» flog die Aktion intern durch einen Polizisten auf. Dieser soll im März 2019 selbst mit Cannabis-Samen am Zoll angehalten worden sein. Als er im Warteraum erkannt habe, dass mehrere Menschen dort zuvor im Hanfshop waren, habe er die Verantwortlichen zur Rede gestellt.
Ein Sprecher der Eidgenössischen Zollverwaltung (EZV) in Bern sagte am Dienstag, die Rechtmässigkeit der Vorgehensweise sei im Rahmen einer Fallnachbearbeitung in Frage gestellt und die weitere Durchführung solcher Aktionen gestoppt worden. Tatsächlich sind solche geheimen Observierungsaktionen, wie sie das Ostschweizer Grenzwachtkorps unter dem Tarnnamen «Aktion Knobli» durchführte, in keinem Kooperationsvertrag geregelt und damit illegal. Gemäss «Blick» ermittelt nun die Landespolizeidirektion Vorarlberg.
Den Ball flach halten und «keine Staatsaffäre aus der Sache machen» will der St. Galler FDP-Nationalrat Walter Müller. Er ist Präsident der parlamentarischen Gruppe Schweiz-Österreich. Er wisse, dass die Zusammenarbeit zwischen Schweizer und österreichischen Grenzbehörden sonst gut sei und man sich gegenseitig informiere. Aber auch für Müller ist klar, dass für behördliches Handeln stets eine Rechtsgrundlage vorhanden sein muss. «Wildwest ist hier sicher nicht angebracht,» sagt er auf Anfrage.
Dieser Artikel wurde automatisch aus unserem alten Redaktionssystem auf unsere neue Website importiert. Falls Sie auf Darstellungsfehler stossen, bitten wir um Verständnis und einen Hinweis: community-feedback@tamedia.ch