Griechenland will Geld wegen Nazi-Gräueln
Griechenland sucht nach Wegen, Deutschland wegen Gräueltaten und Zerstörungen während der Besatzungszeit im Zweiten Weltkrieg zur Kasse zu bitten. Derweil werden die rechtsextremen Parteien immer stärker.

Griechenland prüft nach Angaben des Athener Finanzministeriums Reparationsforderungen an Deutschland als Ausgleich für Zerstörungen im Zweiten Weltkrieg. Eine vierköpfige Arbeitsgruppe sei eingerichtet worden, die die Archive des Landes nach entsprechenden Dokumenten durchforsten solle, teilte das Ministerium heute mit. Die Gruppe soll ihren Bericht und damit die geschätzte Höhe der Forderungen demnach bis spätestens Ende des Jahres vorlegen.
Der stellvertretende griechische Finanzminister Christos Staikouras hatte bereits Anfang September in einer Antwort auf eine parlamentarische Anfrage der oppositionellen Rechtspopulisten die Einrichtung einer solchen Gruppe angekündigt.
Nicht das erste Mal
In den vergangenen Jahren hatte Griechenland wiederholt erklärt, sich das Recht auf Forderungen nach Reparationszahlungen vorzubehalten. Das Land habe darüber seine Meinung nicht geändert und die Frage sei «noch immer offen», hatte Staikouras vor dem Parlament gesagt.
Griechenland fühlt sich seit jeher bei den internationalen Verhandlungen über Reparationen nach dem Ende der NS-Diktatur benachteiligt und schätzt die Höhe der ihm zustehenden Zahlungen auf mehrere Milliarden Euro. Sowohl die rechte als auch die linke griechische Opposition dringt immer wieder auf die Behandlung dieser Frage.
Kein Polizeischutz mehr für rechtsextreme Abgeordnete
Die Abgeordneten der rechtsextremistischen griechischen Partei «Goldene Morgenröte» erhalten derweil keinen Polizeischutz mehr. Die Führung der griechischen Polizei rief heute die Beamten zurück, die für den Schutz der 18 Abgeordneten dieser ausländerfeindlichen Partei abkommandiert waren.
Die Polizeiführung reagierte damit auf Angriffe gegen illegale Einwanderer, an denen Videoaufnahmen zufolge auch Abgeordnete der «Goldenen Morgenröte» beteiligt waren.
Bei den Übergriffen hatten rechtsextreme Schlägertrupps Ende vergangener Woche Verkaufsstände von illegalen Einwanderern aus Asien und Afrika zerstört. «Wir haben heute hier Ordnung hergestellt», sagte ein Mitglied der Schlägertrupps Reportern in der westgriechischen Stadt Mesolongi.
Einen ähnlichen Zwischenfall gab es in der Hafenstadt Rafina im Osten Athens. Die Chefin der dortigen Polizeistation wurde vom Dienst suspendiert. Sie habe nicht die nötigen Massnahmen ergriffen, um solche Zwischenfälle abzuwenden, lautete die Begründung.
Rechtsextremisten immer populärer
Wer diese Taten dulde, müsse wissen, dass er auch bald Opfer dieser «Sturmabteilungen» werden könnte, warnte die Sprecherin der Sozialistischen Partei Pasok, Fofi Gennimata. Die Kommunistische Partei forderte die Regierung auf, Sofortmassnahmen zu ergreifen, um die «faschistischen Zwischenfälle» zu beenden. Auch das Bündnis der radikalen Linken (Syriza) verurteilte die rassistischen Überfälle.
Zwei Umfragen zeigten vergangene Woche, dass die Rechtsextremisten der «Goldenen Morgenröte» erstmals die Zehn-Prozent-Marke übersprungen haben. Sie wären mit 10,5 Prozent (Wahl am 17. Juni: 6,9 Prozent) drittstärkste Kraft im Parlament.
Hauptgründe für die Radikalisierung sind nach Angaben von Kommentatoren die schwere Wirtschaftskrise sowie die Welle von Migranten aus Asien und Afrika. Die Arbeitslosigkeit beträgt in Griechenland 24,4 Prozent.
Griechenland unter Druck
Griechenland muss seine von den internationalen Gläubigern geforderten Sparmassnahmen am Freitag den Euro-Finanzministern präsentieren. Athen müsse beim Treffen der Eurogruppe in Nikosia einen «vollständigen Plan» vorlegen, «unabhängig davon, ob eine Einigung mit der Troika erreicht worden ist oder nicht», zitierte die halbamtliche Nachrichtenagentur Ana heute Kreise des Finanzministeriums.
Heute war die Troika aus EU, Europäischer Zentralbank (EZB) und Internationalem Währungsfonds (IWF) erstmals mit Regierungschef Antonis Samaras zusammen gekommen. Die Gespräche seien «hart» gewesen, berichtete die Ana unter Berufung auf das Finanzministerium. Die Troika lehne mehrere vorgeschlagene Sparmassnahmen ab.
Umstritten ist der Sparplan aber auch noch in der Regierungskoalition selbst: Bei einem Treffen zwischen Samaras von der konservativen Partei Nea Dimokratia und den Spitzen seiner Regierungskoalition gab es am späten Sonntagabend keinen Durchbruch im Ringen um das Sparpaket. Für Mittwoch wurde eine neue Runde angesetzt.
Seit Freitag unter Beoabachtung
Die Troika-Delegation war am Freitag in Griechenland eingetroffen, um bis Anfang Oktober zu prüfen, ob das von der Staatspleite bedrohte Land tatsächlich die nächste Kredittranche in Höhe von 31,5 Milliarden Euro erhält. Voraussetzung dafür sind Einsparungen Athens in Höhe von mindestens 11,5 Milliarden Euro.
Der Troika-Bericht ist die Grundlage für eine Entscheidung über weitere Kredite. Für den Fall, dass die Prüfer zu einem negativen Ergebnis kommen, drohen die Gläubiger mit einem Ende der Zahlungen, Athen wäre dann Pleite.
AFP/ses
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