Grillieren, ohne zu ruinieren
Die verbrannten Rasenflächen in den Zürcher Parks findet Peter Baumgartner eine Schande. Deshalb hat er eine Lösung entwickelt.
Die Kohle glüht noch, da steht Peter Baumgartner schon hastig von der Campingdecke auf und packt den Grill. Diese Aufbruchhektik überrascht, ist doch sein Glas noch halb voll. Die Tomaten auf dem Pappteller sind nur angebissen, und der Lammkotelettknochen ist noch längst nicht abgenagt.
Es scheint, als habe Baumgartner während der Stunde zuvor nur auf diesen einen Moment gewartet und vor lauter Aufregung kaum einen Bissen hinuntergebracht. Der Moment nach dem Grillieren ist es, um den es Baumgartner geht. Er soll zeigen, warum seine Erfindung so ausgeklügelt ist. Der gross gewachsene Mann hebt den Grill vom Rasen hoch und lacht wie ein Junge, dem ein Streich gelungen ist. «Wie versprochen: Der Rasen ist unversehrt.»
Wäre Peter Baumgartner mit dem grossen, portablen Holzkohlegrill ins Arboretum gekommen, der Fotograf und die Journalistin hätten die Freude nicht geteilt. Doch der Mann mit dem wehenden grauen Haar und der Hornbrille ist an diesem Mittag mit zwei schlichten Taschen aus schwarzem Stoff aufgekreuzt. Ohne den prallvollen Rucksack auf den Schultern hätten die Anwesenden ihn gar für einen in die Jahre gekommenen Businesstyp im Freizeitlook gehalten. Statt Laptops stecken in den Taschen aber zwei zusammenlegbare Picknickgrills, Marke Eigenbau, also Alternativen zum Einweggrill.
Kein Verständnis für Einweggrills
Peter Baumgartner (73) aus Rüschlikon ist ein geselliger Typ. Gemeinsames Grillieren im Park findet er deshalb grundsätzlich eine «gute, soziale Sache», obwohl er das Vergnügen nicht pflegt. Er zieht den Grill auf Arbeitshöhe im eigenen Gartencheminée vor. Aber Baumgartner ist auch ein Mann mit Gewissen. Einer, der sich um seine Umwelt sorgt. Er sagt: «Wer nach einer Grillparty im Park verbrannten Rasen zurücklässt, handelt verantwortungslos.» Er stellt sein Gepäck ab und zeigt auf die braunen Stellen auf der Wiese.
Baumgartner ist als Marketingingenieur weit in der Welt herumgekommen. Nirgendwo seien die Parks schöner als in Zürich. Deshalb kann er nicht verstehen, wie sie Picknicker an Sommertagen überall in der Stadt mit ihren Einweggrills unachtsam verschandeln. «Gut 300 Franken kostet die Stadt jeder neue Rasenziegel. Das ist doch Wahnsinn.»
Der gepflegte Senior, der so überhaupt nicht wie ein Tüftler aussieht, zieht die Campingdecke aus dem Rucksack, kniet sich darauf und nimmt aus der einen schwarzen Tasche ein dreiteiliges Metallpaket plus Grillrost hervor. Es ist etwas grösser als ein A4-Blatt, 1,6 Kilogramm schwer. Modell pGrill 100 (P wie Picknick, Park, Plausch oder Peter!), einfach in der Art, aber mit integriertem Wärmeschutz. Jenem schmalen Fach unterhalb der Holzkohlewanne also, dem Baumgartners ganzer Stolz gilt. Durch das einfache Prinzip hat Baumgartner einen Weg gefunden, die Hitze unter der Wanne seitlich abzuleiten und so den Rasen vor dem Verbrennen zu schützen. Er macht drei Handgriffe, der Grill steht. Die Holzkohlestücke brennen innert Minuten.
Dass Baumgartner überhaupt auf den portablen Grill und sein neues Hobby gekommen ist, verdankt er seinem Sohn Nicolas. Er war es, der vor drei Jahren einen Grill entwickeln wollte, den er einfach in den Rucksack packen und wiederverwenden kann, und der den Rasen schont. Also suchte er, ebenfalls Ingenieur, nach einer Lösung, – quasi tägliches Business für einen seiner Berufssparte. «Da runde Modelle diese Bedingung schlecht erfüllen, war die rechteckige Grundform gegeben», sagt er.
Sechs Prototypen stellte er her, alle waren begeistert, ausser Vater Baumgartner. Zu schwer, zu kurze Beine und zu wenig schnell aufgestellt, so sein Fazit. Sein Erfinderinstinkt war geweckt. Also begann er von Hand Skizzen anzufertigen und liess in der Schweiz einen ersten pGrill 230 aus Edelstahl herstellen. Das Resultat befriedigte ihn noch nicht ganz. «Sie wissen schon, die Abwärme», sagt er und legt Fleisch und Würste auf den Grill. Und so kam er auf die Idee mit dem Fach unter der Wanne, Modell pGrill 100. Aus Kostengründen stieg er auf verzinkten Stahl um.
Das Okay von der Stadt
Doch Baumgartner ist auch einer, der seine Sache besonders gut machen will. Das heisst in seinem Fall auch, das Okay von Grün Stadt Zürich einzuholen, dass sein Modell den Rasen schont. Nach dem gemeinsamen Grillieren im Chinagarten hatte Baumgartner, was er wollte, und die besten Wünsche dazu, dass er mit seiner Erfindung Erfolg habe.
Das hat er, nahm doch der Grossverteiler Migros letztes Jahr seinen einfachen Grill ins Sortiment auf. Kostenpunkt: rund 20 Franken. Das befeuerte den Rentner. Er entwickelte eine (etwas grössere und schwerere) Luxusvariante (pGrill 130): mit drei Grillstufen, einem Drehspiess mit Motor und einer tieferen Wanne, in der sich auf einem Blech Gemüse wärmen lässt. Erhältlich ist er im Onlinehandel, produzieren lässt Baumgartner mittlerweile in China. Sohn Nicolas gönnt dem Vater den Erfolg und grilliert inzwischen auch auf dem väterlichen Modell – dem einfachen.
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