Grundeinkommen – Umsonst-Geld für die Finnen
Helsinki plant ein Experiment – mit einer alten Idee. Der Unterschied zur Schweiz könnte kaum grösser sein.

Die neue finnische Regierung ist bereit für ein Experiment. Im Koalitionsvertrag zwischen der liberalen Zentrumspartei, der rechtspopulistischen Finns Party und der konservativen NCP haben die Regierungspartner vereinbart, ein «Grundeinkommens-Experiment» zu wagen. Dies berichtet das Magazin «Vice». Die Finnen erhoffen sich von einem bedingungslosen Grundeinkommen eine effiziente Organisation des Sozialstaats. Wie genau das Projekt aussehen soll, ist bisher noch nicht klar. Laut «Vice» ist in Finnland von Vorschlägen zwischen 440 und etwa 1000 Euro die Rede.
Die finnische Bevölkerung scheint hinter einem solchen Experiment zu stehen. Die Zentrumspartei hat eine Umfrage durchführen lassen und danach gefragt, ob jemand ein Grundeinkommen beziehen würde, wenn es den Lebensunterhalt der Menschen sicherstelle, Missbrauch reduziere und gleichzeitig Arbeit und Unternehmergeist fördere. Das Resultat: Vier von fünf Finnen beantworteten die Frage mit Ja.
Die Schweiz könnte den Finnen bald folgen. Voraussichtlich stimmt die Stimmbevölkerung im nächsten Jahr über die Volksinitiative für ein bedingungsloses Grundeinkommen ab. Die Initiative fordert, dass das Grundeinkommen «der ganzen Bevölkerung ein menschenwürdiges Dasein und die Teilnahme am öffentlichen Leben ermöglichen» soll. Ein Betrag ist im Initiativtext nicht festgeschrieben, die Initianten schlagen einen monatlichen Betrag von 2500 Franken vor.
Die Idee des bedingungslosen Grundeinkommens hat eine lange Geschichte. Bereits 1797 argumentierte Thomas Paine, einer der Gründer der Vereinigten Staaten, in einem Pamphlet dafür. Seiner Ansicht nach hat jede Person Anspruch auf einen Teil des allgemeinen Eigentums der Menschheit. Diese universellen Zahlungen sollen verhindern, dass es zu «unfairen Unterschieden» zwischen Arm und Reich komme.
Seit Paine die Idee formuliert hat, wurde sie sowohl von Linken als auch Rechten immer wieder hervorgebracht und kritisiert. Einige Linke sehen darin eine Stärkung des sozialen Sicherheitsnetzes, das in Anbetracht der zunehmenden Computerisierung der Arbeitswelt notwendig sei, da heute immer mehr Menschen bei der Arbeit durch Computer ersetzt würden. Befürworter des bedingungslosen Grundeinkommens im rechten Lager sehen darin vor allem eine effizientere und weniger bürokratische Lösung als ein nach Bedürftigkeit orientierter Wohlfahrtsstaat.
Die Utopie wird aktuell
Das liberale Magazin «The Economist» widmete sich kürzlich dem Thema des bedingungslosen Grundeinkommens. Dass die grosszügige und universelle Idee derzeit auf verschiedenen politischen Agenden auftauche, erscheine angesichts der politischen Grosswetterlage merkwürdig, da Sparmassnahmen und Wohlfahrtsstaatskürzungen derzeit dominieren, schreibt «The Economist». Das Magazin attestiert den Anhängern eines bedingungslosen Grundeinkommens aber viele gute Argumente. Ein an der Bedürftigkeit orientiertes Sozialsystem sei kompliziert und verzerre Anreize. Paines ursprüngliche Idee sei überzeugend, aber ein bedingungsloses Grundeinkommen sei schlicht zu kostspielig und ineffizient, um den ganzen Wohlfahrtsstaat zu ersetzen. Nur als kleine Ergänzung sieht das Magazin eine Chance für ein Grundeinkommen.
Ähnlich argumentierte auch der Bundesrat, als er im August 2014 seine Botschaft zur Volksinitiative für das bedingungslose Grundeinkommen präsentierte: Keine Arbeitsanreize und horrende Kosten. Der Bundesrat ist im Gegensatz zur neuen finnischen Regierung gegen das Grundeinkommen. Setzt Finnland die im Koalitionsvertrag festgehaltene Idee um, wäre es das erste europäische Land, das sich an ein bedingungsloses Grundeinkommen heranwagt.
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