Gruyère stösst Emmentaler vom Thron
Warum der Freiburger Gruyère den Berner Käse als Exportweltmeister überrundet hat.

Zeitenwende beim Käse: Zum ersten Mal hat der Freiburger Gruyère den Emmentaler bei den Schweizer Käseexporten abgelöst. Von Januar bis Oktober wurden laut Zollverwaltung 9474 Tonnen Greyerzer-Käse exportiert, während es beim Emmentaler nur 9254 Tonnen waren. Jahrelang lag der Löcherkäse unbestritten an der Spitze.
Dass der Gruyère ihn nun überholt, hat vor allem mit der Krise beim Emmentaler zu tun. Die Exporte beim Greyerzer sind stabil, aber nur leicht steigend. Laut dem Landwirtschaftlichen Informationsdienst (LID) war der Emmentaler lange wegen der Subvention des Bundes erfolgreich. Der Käse sei während Jahrzehnten ein Überschussventil für den Schweizer Milchmarkt gewesen.
Das änderte sich mit der Liberalisierung des Käsemarktes Ende der 1990er-Jahre. Damals kam es zu einer Strukturbereinigung: Von 539 Emmentaler-Käsereien im Jahr 1998 gab es 2016 nur noch 128. Die Emmentaler-Produktion sank laut dem Landwirtschaftlichen Informationsdienst seit 2000 um 60 Prozent.
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Käseexperten sehen als Hauptproblem des Emmentalers, dass es die Produzenten versäumt hätten, die Marke zu schützen. «Jeder kann Emmentaler kopieren. Emmentaler ist für den Konsumenten ein Gattungsbegriff geworden, der für einen Käse mit Löchern steht», so Martin Spahr von der Branchen-Vermarktungsorganisation Switzerland Cheese Marketing. Im Ausland, vor allem in Frankreich und Deutschland, werden seit Jahren fleissig Emmentaler-Kopien hergestellt.
«Ruf kann auch Michelle Hunziker nicht retten»
Das Problem sei, dass auch Schweizer Hersteller den Emmentaler nicht lange genug reifen liessen, sagt Käsespezialist Rolf Beeler, der in Medien oft als Käsepapst bezeichnete wird. Dieser könne sich nicht von den billigen, gummiartigen ausländischen Kopien abheben. Das führe zu einem Imageverlust. Zudem verkauften auch Schweizer Grosshändler kurzgereiften Emmentaler zu Dumping-Preisen ins Ausland. «Das macht den Ruf kaputt. Diesen kann auch Botschafterin Michelle Hunziker nicht mit einem Lächeln retten», so Beeler. Die Krise bei Emmentaler habe sich seit Jahren abgezeichnet. «Es wurde nicht vehement genug für die Schweizer Spezialität gekämpft.»

Ganz im Gegensatz zum Greyerzer, sagt Beeler: «Gruyère kämpft für seinen Ruf.» Dem stimmt Spahr zu: Gruyère habe eine konsequente Markenführung etabliert und sei massiv gegen Fälschungen vorgegangen. Die Sorte Le Gruyère AOP sei zudem über das Qualitätszeichen AOP geschützt, welches von der EU und weiteren Ländern anerkannt werde, so Spahr. AOP steht für Appellation d'Origine Protégée und bedeutet, dass eine Spezialität vom Rohstoff zur Verarbeitung bis zum Endprodukt aus einer klar definierten Ursprungsregion stammt.
Beim Emmentaler gibt es derweil zusätzlich zum schweizerischen Emmentaler mit AOP auch ausländische Sorten mit einer entsprechenden Kennzeichnung: den Allgäuer Emmentaler AOP aus Deutschland sowie den Emmental de Savoie und den Emmental Français est-central aus Frankreich. Die beiden französischen Emmentaler haben eine IGP-Kennzeichnung, was für Indication Géographique Protégée steht und bedeutet, dass Spezialitäten im Herkunftsort erzeugt, verarbeitet oder veredelt werden. Dass es mehrere Emmentaler mit geschützten Qualitätszeichen gibt, dürfte die Markenerkennung verwässern.
Auf Qualitätsware konzentrieren
Die Schweizer Produzenten müssten sich nun auf Qualitätsware konzentrieren, sagt Käsepapst Beeler: «Die Schweiz muss sich darauf berufen, dass ihr Emmentaler im Vergleich zu den ausländischen Kopien aus Rohmilchkäse hergestellt wird.» Und: Man müsse sich auf höhlengereiften Emmentaler mit brauner Schale konzentrieren. Dieser müsse zwar länger gelagert werden, nämlich bis zu 12 Monate. Damit könne man sich Beeler zufolge aber in den Absatzmärkten von billigen Kopien abheben.
Ganz einfach ist das nicht: Die Sortenorganisation des Emmentalers fahre seit Jahren eine Qualitätsstrategie für echten, originalen Emmentaler, so Spahr von Switzerland Cheese Marketing. Nicht immer mit Erfolg.
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