Halbhart gegen illegale Waffendeals
Kontrolleure des Bundes erstatten oft Strafanzeige wegen fragwürdiger Waffenexporte. Doch Täter kommen glimpflich davon, wie der geschwärzte Teil des Berichts der Finanzkontrolle offenbart.

Kontrolleure gegen Kontrolleure – das war diese Woche ein grosses Politthema. Konkret: Finanzkontrolleure gegen Waffenkontrolleure. Zuerst publizierte die Eidgenössische Finanzkontrolle (EFK) einen Bericht mit scharfer Kritik an dem für Rüstungskontrollen zuständigen Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco). Darauf schoss das Seco zurück. Und stellte die Grundsatzfrage, ob die Kollegen «ihrem gesetzlichen Auftrag gerecht» würden.
Für neutrale Beobachter blieb vieles unklar, denn im publizierten Rapport waren Abschnitte und sogar eine Seite ganz geschwärzt. Der Gefechtsnebel lichtete sich etwas, als die TV-Sendung «Rundschau» am Mittwoch erste Erkenntnisse zu den geheimen Stellen publik machte. Nun hat auch Redaktion Tamedia Einblick nehmen können in eine Version ohne Schwärzungen. Eine der interessantesten Erkenntnisse: Die Arbeit der Kriegsmaterialkontrolleure muss bisweilen frustrierend sein. Denn selbst wenn die Spezialisten des Bundes illegalen Waffenhandel aus der Schweiz aufdecken, müssen die Täter nicht unbedingt mit der Härte des Gesetzes rechnen.
Überlange Ermittlungen
Geschwärzt wurden im Bericht auch die Zahlen, die darauf hindeuten. Das Seco und andere Behörden erstatten demnach sehr oft Anzeige wegen verdächtiger Rüstungsdeals bei der Bundesanwaltschaft. Im untersuchten Jahr 2016 geschah dies 16-mal.
Die Strafverfolger prüften dann die Fälle. Bei sieben entschieden sie, keine eigentlichen Ermittlungen zu führen, vier ahndeten sie mit Strafbefehlen. In fünf weiteren Fällen sind Verfahren hängig, eines davon vor Gericht. Ende Monat muss sich ein Beschuldigter vor dem Bundesstrafgericht verantworten. Er soll übers Internet in Russland einen Zünder für eine Panzermine gekauft haben. Es ist keine grosse Sache, der Einzelrichter will sie in in einem Tag erledigen, Urteil eingeschlossen.
Doch es sind nicht nur kleine Nummern, die sich mit illegalen Waffengeschäften schuldig machen. Dies zeigt das Beispiel der Thuner B+T AG, im untersuchten Jahr mit fünf Prozent Marktanteil der fünftgrösste Exporteur von Kriegsmaterial. Gleichzeitig war B+T International 2016 der einzige von 300 zugelassenen Exporteuren auf einer Risikoprofilliste des Seco. Die Thuner Händler mussten deshalb damit rechnen, dass der Zoll ihre Fracht besonders genau anschaut.
Ihre Firma kommt in den geschwärzten Stellen gleich mehrfach vor. Der Hauptgrund: Die B+T gehört zu den wenigen Schweizer Waffenhändlern, deren Geschäftstätigkeit Thema des Bundesstrafgerichts wurden. Ihr Gesuch, Kriegsmaterial nach Kasachstan zu liefern, hatte das Seco bereits vor zehn Jahren abgelehnt – mit Verweis auf die Menschenrechtslage.
B+T wählte daraufhin für seine Lieferung von Scharfschützengewehren, Granatwerfern und 1000 Tränengasgranaten einen – ebenfalls unzulässigen – Umweg über Neuseeland. Die Sache flog auf. Die Bundesanwaltschaft begann zu ermitteln. Doch das Verfahren zog sich hin. Erst vor wenigen Monaten endete es mit einer Geldstrafe von 3000 Franken für den Firmeninhaber. Erlassen wurde die Strafe bedingt.
Der Fall ist eines der Beispiele, die die Finanzkontrolle anführt, wenn sie schreibt, dass die Strafen für die illegale Ausfuhr von Kriegsmaterial «milde» ausfallen. Die Sanktionen, die laut Gesetz drohen, sind eher gering, die Paragrafen sind zum Teil wenig griffig. Zudem kritisieren die Finanzkontrolleure die Verfahren als «lang».
Auch die Ruag ist betroffen
So kam ein Genfer Waffenhändler, der unter anderem Zielfernrohre in den Iran geliefert hatte, mit einer bedingten Geldstrafe von 300 Franken davon. Rund elf Jahre waren verstrichen seit dem ersten Tipp. Auf diesen Fall, genannt «Sniper» (Scharfschütze), hatte ein US-Nachrichtendienst die Schweiz hingewiesen. Überhaupt kämen «gute Hinweise» oft aus dem Ausland, heisst es im EFK-Bericht.
Von einem Strafverfahren betroffen ist auch die Ruag. Der bundeseigene Waffenkonzern hat selber Anzeige erstattet. Einer seiner Manager soll zusammen mit einem Julius-Bär-Banker einen staatlichen russischen Sicherheitsdienst mit Scharfschützengewehren, Pistolen und Helikopter-High-techkameras beliefert haben – ohne Wissen der Arbeitgeber.
Wegen des Berichts der Finanzkontrolle macht die Ruag nun erneut Schlagzeilen. Der geschwärzte Teil offenbart, dass der Konzern Cobra-Minenwerfer via Finnland nach Katar liefern wollte. Darüber hätte der Bundesrat entscheiden müssen. Doch nun hat die Ruag gemäss eigenen Angaben das Geschäft gestoppt.
Dieser Artikel wurde automatisch aus unserem alten Redaktionssystem auf unsere neue Website importiert. Falls Sie auf Darstellungsfehler stossen, bitten wir um Verständnis und einen Hinweis: community-feedback@tamedia.ch