Handschlag und Floskeln für Syngentas Zukunft
Der Konzern ist jetzt definitiv in chinesischen Händen. Eigentümer wie Konzernführung beteuern: Ändern wird sich nichts. Doch ein Unbehagen bleibt.
Das Gruppenfoto am Ende der gestrigen Medienkonferenz steht sinnbildlich für eine neue Epoche. Eine solche ist beim Agrarchemie- und Saatgutkonzern Syngenta angebrochen. Dass der chinesische Staatskonzern Chemchina das Basler Unternehmen mit weltweit 28'000 Mitarbeitern übernehmen will, ist schon seit Februar 2016 bekannt. Erst als diesen Frühling alle Wettbewerbsbehörden grünes Licht gegeben hatten, konnte das chinesische Konglomerat sein Kaufangebot schliesslich umsetzen.
Am Montag wurde nun der neue Verwaltungsrat bestellt. Neuer Präsident ist Ren Jianxin, der auch dem Aufsichtsgremium von Chemchina vorsteht. Von chinesischer Seite wurden zudem drei weitere Vertreter in den Syngenta-Verwaltungsrat delegiert. Von der bisherigen Führung bleiben der ehemalige Verwaltungsratspräsident Michel Demaré sowie drei weitere Mitglieder an Bord.
Video – Was die Übernahme bedeutet
Der für die Fotografen inszenierte Handschlag zwischen Ren und Demaré, zu dem sich auch noch Syngenta-Konzernchef Erik Fyrwald sowie Chemchina-Chefstratege Chen Hongbo und Chemchina-Vizepräsident Robert Lu gesellten, sollte nach aussen demonstrieren, dass Syngentas Historie als eigenständiges Unternehmen nicht nur fortgeführt wird, sondern alles noch viel besser wird. An den grossen Worten, die an der gestrigen Medienkonferenz fielen, wird sich Chemchina in den nächsten Jahren messen lassen müssen.
Big Data auf dem Bauernhof
Die Rede war unter anderem von einer gemeinsamen, langfristigen Vision. Und von der Unterstützung, die Chemchina Syngenta bei der Entwicklung neuer Produkte gewähren wird. Oder von den Expansionsmöglichkeiten in China, die sich Syngenta durch die Übernahme anböten. Im bereits gestern in der «Basler Zeitung» erschienenen Interview sprach Ren zudem von einer Verdoppelung des Umsatzes innert fünf bis zehn Jahren.
Konzernchef Fyrwald bekräftigte diese Absicht und erklärte, die Nummer 1 im Pestizidgeschäft bleiben und noch Marktanteile hinzugewinnen zu wollen. Und im Saatgutgeschäft, wo Syngenta weltweit als Nummer 3 agiert, wolle man ebenfalls wachsen. Auch durch Akquisitionen. Und mit Software, welche den Bauern hilft, ihre Profitabilität zu erhöhen. Big Data sei Dank.
Ex-Verwaltungsratspräsident Demaré versprach derweil, dass das Unternehmen auch in chinesischer Hand weiterhin höchsten Corporate-Governance-Standards genügen werde. Und bisweilen lief das Ganze Gefahr, ins Pathetische abzugleiten: So wurden nicht nur Begriffe wie Ernährungssicherheit und Nachhaltigkeit in gewissen Momenten der Medienkonferenz inflationär verwendet, es wurden tatsächlich auch Sätze wie «Es gibt nichts Schöneres, als den Bauern zu helfen, die Welt zu ernähren» ausgesprochen.
Dass Rens Kopfhörer just dann ausstieg, als er auf eine mögliche Übernahme von Chemchina durch Sinochem angesprochen wurde, mag ein Zufall gewesen sein.
Trotz den schönen Phrasen und dem Handschlag für die Fotografen: Ein gewisses Unbehagen in Zusammenhang mit den neuen Eigentümern bleibt. Selbst wenn Syngenta eigenständig bleiben wird, muss sich das Unternehmen zusammen mit dem neuen Eigentümer entwickeln. Unmöglich, dass dabei nicht immer wieder die unterschiedlichen Unternehmenskulturen aufeinanderprallen. Augenfällig war das auch an der Medienkonferenz: An dieser bedankte sich Ren Jianxin etwa überschwänglich bei den Journalisten für Ideen und Ratschläge in der Zeit, als das Übernahmeangebot noch hängig war. Worte, die ein Manager eines westlichen Unternehmens nie auszusprechen wagte.
Und es sind nicht nur die Sprachbarrieren, welche die Kommunikation schwierig machen: Dass Rens Kopfhörer mit der Übersetzung just in dem Moment nicht funktionierte, als er auf eine mögliche Übernahme von Chemchina durch Sinochem angesprochen wurde, mag zwar ein Zufall gewesen sein. Allerdings fiel Rens Antwort auf die Frage dann dennoch ziemlich dünn aus.
Und selbst das Versprechen, trotz Dekotierung von Syngenta an der bisherigen Transparenz gegenüber der Öffentlichkeit festzuhalten, entpuppte sich eigentlich bereits als eine Floskel. Fyrwald etwa nannte in seiner Präsentation kein einziges konkretes finanzielles Ziel mehr. Auch auf Nachfrage eines Journalisten nicht.
Dieser Artikel wurde automatisch aus unserem alten Redaktionssystem auf unsere neue Website importiert. Falls Sie auf Darstellungsfehler stossen, bitten wir um Verständnis und einen Hinweis: community-feedback@tamedia.ch