Hedgefonds-Manager will die Macht
Erst stellte Rudolf Bohli nur einige harmlose Fragen. Nun will der Aktionär an die Spitze des Vermögensverwalters GAM. Dort wurde er lange nicht ernst genommen.

Am Donnerstag entscheiden die Aktionäre des Vermögensverwalters GAM mit Sitz in Zürich, ob die jetzige Führung im Amt bleibt oder nicht. Der Unruhestifter ist Rudolf Bohli, ein Fondsmanager, der in der breiten Öffentlichkeit nicht bekannt ist. Aktionär Bohli fordert die Hälfte der Verwaltungsratssitze und das Präsidium, will also bei GAM die volle Macht übernehmen.
Für hiesige Verhältnisse gilt ein solches Vorgehen als sehr forsch. Bei GAM handelt es sich um einen bedeutenden Anbieter in der Branche der Assetmanager. Das Unternehmen ist in einem Dutzend Länder tätig, beschäftigt rund 1000 Mitarbeitende und verwaltet fast 130 Milliarden Franken Vermögen.
Kurs stagniert
Am GAM-Hauptsitz im Zürcher Prime Tower hat man die Offensive von Rudolf Bohli, der einst bei der Bank am Bellevue tätig war, lange unterschätzt. Aus heutiger Sicht überrascht das, denn GAM bietet einige Angriffsflächen. Im letzten Jahr sackte der Gewinn um fast 40 Prozent ab. Vor allem die Einnahmen bei den unter eigenem Markennamen vertriebenen Fonds brachen von 83 Millionen auf gerade noch 3 Millionen Franken ein. Die Aktie verlor an der Börse fast 30 Prozent.
Seit Januar läuft es zwar etwas besser. Bei den Drittfonds gab es per Ende März Nettozuflüsse von knapp 3 Milliarden Franken. Doch sind die Margen dort tiefer als bei den hochpreisigen Fonds unter eigenem Namen. Hier kam es nochmals zu einem leichten Geldabfluss. Seit Anfang Jahr stagniert der Kurs bei rund 12 Franken pro Titel.
Während die Aktionäre somit nicht auf ihre Rechnung kommen und es im Kerngeschäft harzt, sieht die Sache bei den Bezügen des obersten Managements anders aus. Die Gehälter sorgen seit langem für Gesprächsstoff. 2013 rief die Anlagestiftung Ethos die Aktionäre auf, dem Verwaltungsrat die Décharge zu verweigern. Präsident Hans de Gier hatte ein Optionsprogramm zugunsten der GAM-Manager verlängert – wovon er und seine Verwaltungsratskollegen ebenfalls profitierten. Der damalige Ethos-Antrag war chancenlos: 95 Prozent erteilten der Spitze Entlastung.
Aufmüpfiger Aktionär
Den kritischen Stimmen zum Trotz wähnte sich die GAM-Führung weiterhin auf der sicheren Seite. Per Ende 2016 lagen rund 40 Prozent der GAM-Aktien in den Händen einiger weniger institutioneller Anleger, hauptsächlich aus der angelsächsischen Finanzwelt. Von ihnen, so nahmen die GAM-Chefs an, sei nichts zu befürchten.
Mit Bohli hatte offenbar niemand gerechnet. Mit seiner Firma RBR Capital Advisors in Küsnacht hatte Bohli 2015 den Cateringkonzern Gategroup unter Druck gesetzt. Am Schluss wurde das Unternehmen nach China verkauft. Der aufmüpfige Aktionär erhielt für seine Gategroup-Papiere viel Geld. Sein nächstes Ziel hiess GAM.
1983 durch Gilbert de Botton gegründet, einem ehemaligen Banker von Rothschild und Vater des bekannten Philosophen Alain de Botton, landete GAM Ende der Neunzigerjahre bei der UBS. Die Grossbank legte die Neuerwerbung mit anderen kleinen Privatbanken in ihrem Besitz zusammen. Das Gebilde namens SBC Wealth Management wurde 2005 an die Zürcher Privatbank Julius Bär verkauft.
Lukrativ für die Manager
Bei diesem Transfer wechselten auch gleich die UBS-Manager Hans de Gier und David Solo die Seite und traten in die Julius-Bär-Leitung über. Ende 2009 brachten sie den Vermögensverwalter GAM an die Börse. Das erwies sich für beide Manager als lukratives Geschäft. Bis Ende 2016 strich Hans de Gier über 22 Millionen Franken an Salär, Bonus und Verwaltungsratshonorar ein. GAM-Chef David Solo kassierte 3,6 Millionen Franken im Jahr 2013. 2014 übergab er seinen Job Alexander Friedman, ebenfalls ein Ex-UBS-Mann. Dank Antrittsbonus erhielt Friedman 2014 15 Millionen Franken, obwohl er nur vier Monate im Amt war. Für 2015 und 2016 addierten sich seine Bezüge auf 11 Millionen Franken.
Dehnt man die Rechnung auf die gesamte Spitze aus, so haben Verwaltungsrat und Geschäftsleitung seit 2009 rund 114 Millionen Franken an Gehältern und Boni bezogen. Das entspricht knapp 10 Prozent der in diesen acht Jahren aufgelaufenen Gewinne. Von jedem Franken Gewinn landeten somit 10 Rappen in den Taschen der GAM-Führung. Im Vergleich dazu: Bei der UBS lag das Verhältnis von Vorsteuergewinn zum Bonus für die Geschäftsleitung 2016 bei 1,3 Prozent. Maximal erlaubt sind 2,5 Prozent. Auch bei der Credit Suisse gibt es Obergrenzen.
Aktionär Bohli stellte erstmals 2016 Fragen an die GAM-Leitung. Dabei ging es nicht um die üppigen Saläre an der Spitze. Bohli erkundigte sich stattdessen nach den Kosten. Von den gut 1000 Mitarbeitenden würden rund 600 auf Compliance, Vermarktung, Recht und Administratives entfallen. In seiner eigenen Vermögensverwaltungsfirma, so Bohli, arbeite die grosse Mehrheit an der Front für die Kunden.
Bohli liess eine Studie erarbeiten, in der er zeigte, wie bis zu 180 Millionen Franken eingespart werden könnten. Das Papier schickte er Verwaltungsratspräsident Hans de Gier. Der Holländer delegierte die Angelegenheit an seinen GAM-Chef Alexander Friedman. Dieser traf Bohli im Dezember – in «unterkühlter» Atmosphäre, wie es aus Bohlis Umfeld heisst.
Treffen im Prime Tower
Am 14. Dezember meldete sich Bohli erneut schriftlich bei de Gier. Friedman sei der falsche Mann an der Spitze und müsse ersetzt werden, forderte Bohli. De Gier wurde nun hellhörig. Anfang 2017 machte er Bohli Terminvorschläge und traf sich mit ihm am 15. Februar im Prime Tower.
Danach ging es schnell. Zwei Wochen nach dem Treffen informierte GAM, dass Bohlis Hedgefonds drei Sitze im Verwaltungsrat beanspruche. Am 2. März teilte GAM mit, dass Hans de Gier als Präsident zurücktreten werde.
Mittlerweile haben sich die US-Stimmrechtsberater Glass Lewis und ISS auf Bohlis Seite geschlagen, der seinen Anteil an GAM in der Zwischenzeit auf rund 4,5 Prozent ausgebaut hat. Für die GAM-Führung spricht sich die britische Investorin Silchester aus, die mit 19 Prozent bedeutendste Aktionärin ist.
Eine GAM-Sprecherin wollte keine Abstimmungsprognose abgeben. Laut Rudolf Bohli braucht GAM «rasches und entschlossenes Handeln, um zurück aufs Erfolgsgleis zu kommen».
Fehler gefunden?Jetzt melden.
Dieser Artikel wurde automatisch aus unserem alten Redaktionssystem auf unsere neue Website importiert. Falls Sie auf Darstellungsfehler stossen, bitten wir um Verständnis und einen Hinweis: community-feedback@tamedia.ch