Hizbollah-Chef ruft zu Protesten gegen islamkritischen Film auf
Nach den gewalttätigen Protesten gegen einen anti-islamischen Film wappnen sich die USA für weitere Unruhen in der arabischen Welt. Der Chef der libanesischen Hizbollah hat zu Demonstrationen aufgerufen.

Die libanesische Hizbollah hat zu einer Woche der Proteste gegen den islamfeindlichen Film aufgerufen, der in den vergangenen Tagen zu Angriffen auf westliche Einrichtungen in der muslimischen Welt geführt hat. Der Führer der radikalislamischen Miliz, Scheich Hassan Nasrallah, forderte seine Anhänger auf, nicht nur ihren Ärger auf US-Botschaften zu richten, sondern ihre Regierungen zum Handeln aufzurufen. Diese müssten darauf dringen, dass der Prophet Mohammed und der Koran auf der ganzen Welt respektiert würden.
Gleichzeitig machte er die USA für den Film verantwortlich. «Diejenigen, die zur Verantwortung gezogen und boykottiert werden sollten, sind diejenigen, die die Produzenten unterstützen und beschützen, nämlich die US-Regierung», sagte Nasrallah in einer im Fernsehen übertragenen Rede. Nasrallah kündigte an, die Hizbollah werde die ganze Woche über Demonstrationen im gesamten Libanon organisieren. Ausserdem forderte er eine internationale Vereinbarung, die Angriffe auf Religionen in Zukunft verbietet.
USA zieht Botschaftspersonal ab
Bis auf eine Notbesetzung wird in Tunesien und dem Sudan alles Personal aus den US-Botschaften abgezogen. Auch Deutschland zog heute einen Teil seiner Mitarbeiter aus ihren Vertretungen im Sudan ab, wo in der Hauptstadt Khartum nach den Freitagsgebeten ein Mob die Botschaften der USA und Deutschlands gestürmt hatte. Bei Protesten vor der US-Botschaft in Tunis wurden am Freitag vier Demonstranten getötet und 49 verletzt.
Rice: Angriff war nicht geplant
Der tödliche Angriff auf das amerikanische Konsulat in Benghazi war nach Angaben der US-Botschafterin bei den Vereinten Nationen eine spontane Attacke. Den derzeitigen Einschätzungen der USA zufolge sei der Angriff nicht koordiniert und im Voraus geplant gewesen, sagte Susan Rice dem Fernsehsender Fox News. Demonstranten mit extremistischem Hintergrund hätten sich demnach unter die Menschenmenge in der Nähe des Konsulats gemischt und schwere Waffen mitgebracht, die noch aus der Zeit der Revolution gegen den libyschen Machthaber Muammar al Gaddafi stammten.
Der Vorsitzende des Geheimdienstausschusses des US-Repräsentantenhauses, Mike Rogers, erklärte hingegen, es sei noch zu früh, um eine solche Einschätzung zu treffen. Geheime Dokumente der Geheimdienste würden vielmehr jenen zu denken geben, die argumentierten, dass die Angriffe in der Arabischen Welt Zufälle gewesen seien, sagte der republikanische Abgeordnete.
Racheakt für Aktionen rechtspopulistischer Splitterpartei?
Spekuliert wird seitdem darüber, ob der Angriff in Khartum ein Racheakt dafür war, dass die rechtspopulistische Splitterpartei Pro Deutschland in Berlin vor drei muslimischen Gotteshäusern Mohammed-Karikaturen in die Höhe gehalten hat. Das Nachrichtenmagazin «Der Spiegel» berichtet, dass radikale Prediger in Khartum das zumindest thematisiert hatten.
Auch die radikalislamischen Taliban beriefen sich nach einem Angriff auf ein Militärlager in Afghanistan auf den Schmähfilm. Die Attacke auf das Camp, in dem zurzeit der englische Prinz Harry seinen Dienst tut, sei ein Vergeltungsakt gewesen. Zwei Soldaten starben.
Proteste seit einer Woche
Die Proteste gegen das Video, in dem der Prophet Mohammed als Kinderschänder, Schürzenjäger und Homosexueller verunglimpft wird, dauern seit einer Woche an. Am Dienstag waren am Jahrestag der Anschläge vom 11. September 2001 bei einem Angriff auf das US-Konsulat im libyschen Benghazi der amerikanische Botschafter und drei Mitarbeiter getötet worden.
Im Zusammenhang damit wurden laut dem libyschen Präsidenten Mohammed Magarief bisher rund 50 Personen festgenommen, darunter auch Ausländer mit Verbindungen zu al-Qaida. Der Angriff sei «definitiv von Ausländern» geplant worden, sagte er im US-Fernsehen.
Unterdessen erfassten die Proteste zahlreiche überwiegend islamische Länder. Selbst in Australien und Frankreich kam es zu Kundgebungen. Die Demonstrationen blieben meist friedlich, doch mancherorts eskalierte die Gewalt.
Unruhen abgeflaut
Am Wochenende flauten die Unruhen allmählich ab. In Kairo, wo die Massendemonstrationen am Dienstagabend ihren Anfang genommen hatten, räumten Sicherheitskräfte den zentralen Tahrir-Platz. Viele arabische Medien verurteilten die Krawalle, die mehrere Menschen das Leben gekostet hatten.
Der Vorsitzende des Obersten Rates der Religionsgelehrten und Gross-Mufti von Saudiarabien, Scheich Abdulasis bin Abdullah al-Scheich, mahnte die Muslime, sich nicht aus Wut dazu verleiten zu lassen, unschuldige Menschen zu töten und öffentliche Einrichtungen anzugreifen. Wer seinem Zorn nachgebe, mache sich letztlich nur zum Erfüllungsgehilfen der Urheber des Mohammed-Films, erklärte er.
Barack Obama beruhigt Muslime
US-Präsident Barack Obama bekräftigte, das amerikanische Volk habe tiefen Respekt für Menschen aller Glaubensrichtungen. Allerdings: «Es gibt keine Entschuldigungen für die Angriffe auf unsere Botschaften und Konsulate.»
Zum Schutz seiner Bürger verstärkten die USA ihre militärische Präsenz in der Region. Vor die libyschen Küste wurden zwei Zerstörer beordert. Ebenso entsandte Obama Marines nach Jemen.
Google lehnte unterdessen eine Bitte des Weissen Hauses ab, den islamfeindlichen Film von der Internetplattform Youtube zu entfernen. Der Zugang werde lediglich in einzelnen Ländern gesperrt.
Radikale Christen
Der mutmassliche Drahtzieher des Videos «Unschuld der Muslime» wurde inzwischen von den US-Behörden befragt. Der 55-jährige Nakoula Basseley Nakoula soll laut US-Medien ein verurteilter Bankbetrüger sein. Wegen seiner kriminellen Vergangenheit sei dem koptischen Christen für fünf Jahre der Zugang zum Internet verboten worden.
Der Amateurfilm, der den Propheten Mohammed verunglimpft und die Muslime als unmoralisch und gewalttätig darstellt, wurde offenbar 2011 von Nakoula gemeinsam mit einer rechtsgerichteten evangelikalen Gruppe produziert. Laut US-Medien leitete ein Porno-Regisseur die Dreharbeiten in Duarte bei Los Angeles.
sda/dapd/AFP/ses/rbi
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