In der Corona-Krise setzen selbst Kinoriesen auf Streaming
Erste Studios bieten ihre neuen Filme auch gleich digital an. Dürfen die das überhaupt? Und was heisst das für die Konsumenten?

Weltweit werden Kinos wegen des Coronavirus geschlossen oder zumindest die Zahl der Sitzplätze in den Sälen reduziert. Entsprechend haben zahlreiche Hollywoodstudios die Starttermine ihrer grossen Blockbuster verschoben. Einen neuen Weg beschreitet nun Universal Pictures: Das Studio will seine Filme parallel zu den Kino-Startterminen auch fürs Home Entertainment zugänglich machen.
Gemäss «Variety» betrifft das als Erstes den Animationsfilm «Trolls World Tour», dessen Start in der Deutschschweiz am 23. April vorgesehen ist. Es geht aber auch um Filme, die bereits in den Kinos angelaufen sind, also zum Beispiel um den Horrorfilm «The Invisible Man» oder die Jane-Austen-Adaption «Emma», beide waren auch in Schweizer Kinos zu sehen.
Quelle: Universal Pictures Switzerland
All diese Filme sollen nun bereits ab 20. März fürs Home Entertainment bereit stehen. In den USA zahlt man knapp 20 Dollar für eine 48-stündige Miete, auch auf internationaler Ebene sei mit einem solchen Preis zu rechnen. Jeff Shell, Chef von NBCUniversal, begründet diesen Schritt so: «Anstatt diese Filme zu verschieben oder sie in einer künftig herausfordernden Vertriebslandschaft zu veröffentlichen, wollen wir dem Publikum die Möglichkeit geben, diese Titel zu Hause zu einem erschwinglichen Preis zu schauen.»
Nachgezogen hat inzwischen auch Warner Brothers: Das Studio will die Superheldinnenkomödie «Birds of Prey» ab 24. März auf Plattformen wie Amazon oder iTunes zugänglich machen – zum selben Preis wie Universal.
Universal hält an Terminen fest
Und in der Schweiz? Da scheint die Lage noch unklar, der hiesige Ableger von Universal will sich jedenfalls nicht öffentlich äussern und verweist auf die internationale Pressemitteilung, aus der sich immerhin herauslesen lässt, dass Universal an den Startterminen seiner Filme vorläufig festhalten will. Dies wiederum lässt vermuten, dass man hinter den Kulissen fieberhaft nach Plattformen sucht, um diese Filme streambar zu machen.
Erschwerend kommt allerdings die rechtliche Situation hinzu, also das, was man in der Filmbranche gemeinhin als Auswertungsfenster bezeichnet. Bislang war es so, dass Kinos Filme für eine gewisse Zeit exklusiv spielen durften – auch in der Schweiz –, bevor die weiteren Auswertungskanäle (VOD, DVD, Fernsehen) an der Reihe waren. Dieses Auswertungsfenster wurde zuletzt bei Netflix-Produktionen immer wieder unterlaufen, da der Streaming-Gigant einzelne Filme nur wenige Tage exklusiv in den Kinos spielen liess. In der Schweiz laufen Filme sonst vier Monate lang exklusiv im Kino.
«Wir sind überzeugt, dass die Verleihbranche in diesen schwierigen Zeiten ihre Verantwortung wahrnehmen wird.»
Was also, wenn Universal jetzt mit dieser Regel bricht? Und was, wenn andere Verleiher nachziehen? René Gerber, Generalsekretär des Branchenverbands Procinema, beschwichtigt: «Wir sind überzeugt, dass die Verleihbranche in diesen schwierigen Zeiten ihre Verantwortung wahrnehmen und in Zusammenarbeit mit den Kinos für ein attraktives Filmangebot sorgen wird.»
Schön und gut, aber im Schweizer Urheberrechtsgesetz steht klipp und klar: «Exemplare von audiovisuellen Werken dürfen so lange nicht weiterveräussert oder vermietet werden, als der Urheber oder die Urheberin dadurch in der Ausübung des Aufführungsrechts beeinträchtigt wird.» Das bedeutet: Das Anbieten von Videos, DVDs oder anderen Bild-Ton-Träger zum Verkauf oder zur Vermietung ist vor und während der Kinoauswertung eines Films verboten.
Gerber bestätigt: «Grundsätzlich gilt dieser Artikel aus dem Urheberrechtsgesetz –aber natürlich nur für Filme, welche in der Kinoauswertung sind. Entscheidet ein Verleiher/Produzent jedoch, seinen Film gar nicht im Kino auszuwerten und direkt auf anderen Auswertungsformen zu lancieren, ist das sein gutes Recht.»
So gesehen, dürfte Universal «Trolls World Tour» ohne weiteres direkt auf VOD lancieren, da der Film bislang in keinem Schweizer Kino lief. Anders liegt der Fall jedoch bei «The Invisible Man» und «Emma»: Da diese Filme bereits gestartet sind, dürften sie gemäss der Branchen-Website Filmdistribution.ch, wo die Kinoauswertungs-Enddaten angegeben sind, erst ab Juli fürs Home Entertainment zur Verfügung stehen. Im Prinzip jedenfalls. Die Frage ist allerdings: Gilt dieses exklusive Kinovorrecht auch dann noch, wenn sämtliche Kinos geschlossen sind?
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