Rigorose Omikron-RegelnHongkong zwingt seine Airline in die Knie
Einer der grössten Flughäfen steht still, die Hausairline Cathay Pacific wird für Covid-Vergehen hart bestraft: So drastisch greift die chinesische Metropole wegen Omikron durch.

China setzt seine Zero-Covid-Politik mit immer drastischeren Massnahmen durch, wie sofortige und umfassende Lockdowns in mehreren Städten zeigten. Die volle Härte der Regierung bekommen auch Regelbrecher zu spüren – oder jene, welche die geltenden Massnahmen zu genau auslegten. Dabei lässt sich an der Sinnhaftigkeit der Strafe oftmals zweifeln, wie im Fall zweier Spitäler in der Metropole Xi’an. Dort starb ein Mann an einem Herzinfarkt, weil er nicht in die Klinik gelassen wurde. Ein anderes Krankenhaus wies eine schwangere Frau ab, die daraufhin eine Fehlgeburt erlitt.
Bei beiden Personen waren die Covid-Tests knapp nicht mehr gültig, weshalb ihnen die medizinische Behandlung verweigert wurde. Zu Unrecht, befand die chinesische Regierung nach einem Aufschrei in den sozialen Medien – und schloss die beiden Spitäler kurzerhand für drei Monate. Ob dies der Allgemeinheit während der laufenden Pandemie hilft, sei dahingestellt.
Nicht minder zimperlich geht neuerdings auch Hongkong mit seinen Bürgerinnen und Bürgern sowie der Wirtschaft um. Die Sonderverwaltungszone steht mehr und mehr unter dem Einfluss Pekings, was nun auch in der knallharten Umsetzung der Corona-Regeln sichtbar wird. Ein positiver Fall genügt, um ganze Quartiere unter Quarantäne zu stellen. Und Fehlleistungen einzelner Mitarbeitenden reichen, um eine ganze Firma ausser Gefecht zu setzen.
Cathay-Angestellte brachen Quarantäne
Letzteres passierte Hongkongs Fluggesellschaft Cathay Pacific. Sie betreibt das Drehkreuz der Metropole, bis vor der Pandemie war es einer der umtriebigsten Flughäfen der Welt. In den Ranglisten der besten Airlines taucht Cathay seit Jahren in den Top 10 oder sogar Top 5 auf und gehört damit zusammen mit Singapore zu den renommiertesten Fluggesellschaften der Welt. Auch die regionale Tochter Cathay Dragon räumt jährlich Preise ab. Die chinesische Sonderverwaltungszone rund um Regierungschefin Carrie Lam hat Cathay nun aber offenbar als Sündenbock auserwählt, wie der britische «Guardian» berichtet.

Zwei Crew-Mitarbeitende hätten ihre Quarantäne gebrochen und beim illegalen Shopping sowie in einem Restaurant Omikron in Hongkong verteilt, lautet der Vorwurf der Regierung. Die Angestellten wurden sofort entlassen, Cathay Pacific entschuldigte sich für das Verhalten der zwei, das inakzeptabel sei und ein schlechtes Licht auf die anderen 10’000 Mitarbeitenden werfe.
Flugverbote als Strafe
Cathay steht nicht zum ersten Mal am Pranger, schon zuvor gab es eine Schelte der Regierung, weil Passagiere der Airline bei der Ankunft in Hongkong positiv getestet wurden. Und nicht nur das, die Fluggesellschaft durfte daraufhin als Strafe und quasi als Erziehungsmassnahme einige der wichtigsten Strecken nicht mehr bedienen. Kaum strafmindernd dürften Ende Dezember dann positive Corona-Tests von einem Piloten und drei Crew-Mitgliedern gewesen sein.

Letzten Freitag zog die Regierung deshalb die Notbremse und untersagte Reisenden aus 153 Ländern auch nur einen Zwischenstopp in Hongkong. Das bedeutet praktisch ein Grounding für die wichtigste Airline und den Flughafen selber. Denn auch wer einreisen will, muss 21 Tage lang in eine selbst zu zahlende und teure Quarantäne. Seither steht einer der geschäftigsten Flughäfen in Asien praktisch still. Knapp 200’000 Passagiere zählt man in Hongkong im Schnitt pro Tag, nun sind es noch einige Hundert.
Flüge aus und nach China sind beispielsweise noch möglich, allerdings gilt für das Personal auf diesen Strecken ebenfalls eine Quarantänepflicht, vor und nach Arbeitseinsätzen. Die Crews können somit praktisch nicht mehr nach draussen, geschweige denn nach Hause, und pendeln nur noch zwischen Hotels und Flugzeug.
Piloten künden, Welt wendet sich ab
Einige Hundert haben deshalb bereits gekündet, da sie solche Zustände für unhaltbar halten, erzählt ein Pilot der «Frankfurter Allgemeinen Zeitung». Vor allem Personal von ausserhalb Hongkongs hat wenig Verständnis für die Zero-Covid-Strategie, welche mit den strengen Quarantänemassnahmen aufrechterhalten wird. Hongkong sei drauf und dran, seine Position als wichtiges Drehkreuz in Asien zu verlieren, weil der Fokus zu sehr darauf gelegt werde, die Verbindungen nach Festlandchina zu ermöglichen. Der Rest der Welt gehe dabei aber vergessen – und werde womöglich künftig wohl andere Flughäfen ansteuern.
Die Swiss hat ihre Flüge in die Wirtschaftsmetropole schon im Dezember eingestellt, da die Bestimmungen für Cockpit- und Kabinenangestellte kaum mehr umsetzbar waren. Alle hätten mindestens drei Tests machen müssen, nur um dann trotzdem die ganze Aufenthaltszeit in einem Hotelzimmer eingesperrt zu sein. Auch andere Airlines haben aufgrund der strengen Massnahmen ihre Flüge eingestellt oder wurden dazu gezwungen. Neben Cathay hatten auch Emirates und Korean Air Passagiere an Bord, die in Hongkong positiv getestet wurden, auch sie wurden dafür bestraft und durften die Strecke nicht mehr bedienen.
Cathay verscherzte es sich schon 2019
Dass die Regierung mit der eigenen Airlines aber noch härter umgeht als mit ausländischen, dürfte indes nicht nur an den Corona-Vorfällen liegen. Schon bei den Protesten 2019 machte sich die Luftfahrt bei den Mächtigen keine Freunde. Die Airline weigerte sich zuerst, Angestellte zu entlassen, welche für die prodemokratische Bewegung auf die Strasse gingen. Erst als China mit dem Entzug der Landerechte auf dem Festland drohte, lenkte das Unternehmen ein und entliess gemäss Berichten mindestens 26 Mitarbeitende.

Der Zorn der Regierung über die damalige Verweigerung bei den Protesten dürfte ein Hauptgrund sein, weshalb Cathay Pacific Airways nun als Schuldige des Omikron-Ausbruchs gilt, analysiert der «Guardian». Daneben kommt es der Regierung gelegen, um vom Versagen in den eigenen Reihen abzulenken, denn auch deren Mitarbeitenden brachen die Regeln bei einer Geburtstagsparty mit über 200 Gästen und Karaoke-Einlagen.
Zuerst wurden zwei Anwesende positiv getestet, bei einer Person handelte es sich aber um ein falsch positives Resultat. Trotzdem mussten mindestens zehn Offizielle in die staatliche Quarantäneeinrichtung einrücken – ihre politische Karriere dürfte vorbei sein. Im Gegensatz zu Cathay, wo das oberste Management aufgrund der Verfehlungen ihrer Angestellten zum Rücktritt aufgefordert wurde, will die Regierung um Carrie Lam aber nichts von solchen Konsequenzen wissen.
Andreas Frei ist seit 2017 Online-Sitemanager und Nachrichtenjournalist in der Redaktion Tamedia.
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