Ich mag O-Bikes
Viele nerven sich über die gelben Mietvelos. Das ist lächerlich.
Ich habe ein O-Bike ausprobiert und bin begeistert. Doch allenthalben schlägt den Mieträdern statt Begeisterung – wie könnte es anders sein – Pingeligkeit entgegen. Überall stünden sie herum und störten mit ihrer primitiven Konstruktion und grellen gelben Farbe das Stadtbild.
Ja, sie haben nur einen Gang und sind ziemlich schwer, aber in einer mehrheitlich flachen Stadt wie Zürich ist das kein Problem. Als Zürcher brauche ich natürlich kein O-Bike, ausser ich bin fahrradlos im Ausgang und habe grad keinen Nachtbus (was gar nicht so selten vorkommt). Aber wenn ich in einer anderen Stadt bin, sind die bequemen O-Bikes super-praktisch für Rundfahrten. Eine App, ein Verleih. 1.50 Franken für eine halbe Stunde, das ist günstiger als ein Kurzstreckenbillett. Die Touristen, die ins teure Zürich kommen, sehen das sicher ähnlich.
Das geniale System interessiert die O-Bike-Gegner allerdings nicht. Lieber klagen sie über «Velo-Littering». Tatsächlich mag das eine oder andere O-Bike an einer Hauswand parkiert sein, aber die grosse Mehrheit ist bei Veloständern eingereiht. Doch in Zürich, wo es tatsächlich einen offiziellen Sauberkeitsindex mit 14 verschiedenen Verschmutzungsarten gibt, reicht das schon für eine Nervenkrise. Zwar sind wir stolz auf die Mediterranisierung unserer Stadt, die das Leben nach draussen verlagert hat, doch gleichzeitig soll es bitte schön überall so sauber sein wie in der guten Stube.
Ein Datenkrake?
Ähnlich neo-bünzlig ist das Ästhetik-Argument. Ja, müssen die O-Bikes denn wirklich blau-weiss gestrichen sein, dass der Zürcher sie goutiert? Die gelbe Farbe ist praktisch, weil man die Fahrräder so von weitem sieht. Und ein bisschen Farbe schadet dem oft grauen und geduckten Zürcher Stadtbild sowieso nicht.
Was ist mit dem Datenschutz? O-Bike verkaufe die Verkehrsdaten der Nutzer an Dritte, hiess es in der Wochenzeitung «Die Zeit». Seither schreiben andere Kommentatoren diese Spekulation brav ab. Wie sich solche Daten genau vermarkten liessen, ist mir schleierhaft. Und selbst wenn: Mir doch egal, wenn jemand weiss, wo ich in Zürich durchfahre. Es sieht mich auf dem Velo ja ohnehin jeder.
Überhaupt sollte, wer Mega-Datenkraken wie Google, Facebook oder Smartphones benutzt – also so ziemlich jeder – , wegen O-Bike keine schlaflosen Nächte haben. Doch Kulturpessimismus bei neuer Technologie ist nichts Neues, zumal sie GPS-basiert ist. Das war bei Tinder (Sex-Falle! Entfremdung!) nicht anders.
Ehrlich gesagt: Ich hätte auch lieber städtische Mietvelos made in Switzerland statt asiatische Billig-Varianten, aber die Stadt hat bis jetzt keinen eigenen Verleih zustande gebracht. Da kann man einem privaten Anbieter keine Vorwürfe machen, dass er es probiert. Insbesondere weil Zürich nicht gerade eine fahrradfreundliche Stadt ist. Ich jedenfalls freue mich über jeden weiteren Velofahrer.

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