«Ich schliesse Konsequenzen für Herrn Gisel nicht aus»
Raiffeisen-Übergangspräsident Pascal Gantenbein stellt sich hinter den kritisierten CEO Patrik Gisel – will aber die Ära Vincenz nochmals komplett durchleuchten lassen.

Pascal Gantenbein, Raiffeisen befindet sich mitten in einer schweren Krise. Sie übernehmen jetzt das Amt des Übergangspräsidenten. Warum tun Sie sich das an?
Es ist ganz klar, dass man als Mitglied des Verwaltungsrats eine Verantwortung hat. Ich bin ja bereits seit Juni 2017 in dem Gremium. Man setzt sich da nicht nur in irgendwelche Sitzungsräume, sondern man muss auch hinstehen und die Organisation unterstützen, wenn es wichtig wird.
Noch am Sonntag hatte Ihr Vorgänger Johannes Rüegg-Stürm gesagt, er würde im Juni 2018 wieder als Präsident von Raiffeisen antreten. Jetzt ist alles anders. Haben Sie ihm zum Rücktritt geraten?
Ich habe ihn nicht gebeten, diesen Schritt zu vollziehen. Wir haben das Thema auf Ebene des Verwaltungsrats sicherlich diskutiert – aber den Entscheid zum Rücktritt hat Herr Rüegg-Stürm diese Woche selbst gefällt.
Sie haben am heutigen Medientermin Raiffeisen-CEO Patrik Gisel ausdrücklich das Vertrauen ausgesprochen. Es gibt aber im Fall Raiffeisen zahlreiche Alarmzeichen, wonach Herr Gisel nahe dran war an den Transaktionen, die zur Verhaftung von Pierin Vincenz führten. Es gibt Gutachten, die Kritik üben, und es gibt Medienartikel, die von auffälligen Geldzahlungen berichten. Hat Ihr Vertrauen in Patrik Gisel keinen Schaden genommen?
Zunächst ist festzuhalten, dass Herr Gisel im operativen Geschäft einen ausgezeichneten Job macht. Das zeigen auch die Zahlen, die wir letzte Woche präsentiert haben. Vor allem aber ist es gerade jetzt in dieser kritischen Phase enorm wichtig, dass der Verwaltungsrat keine überstürzten Entscheide trifft. Wir müssen nun die Vorkommnisse sauber aufarbeiten. Und das werden wir mit einem externen Partner tun. Gegen Herrn Gisel liegt nach heutigem Stand nichts Handfestes vor. Es ist darum richtig, dass wir ihm aufgrund der heute bekannten Informationen das Vertrauen ausgesprochen haben.
Sprich: Sie schliessen nicht aus, dass es im Zuge der Aufklärung Konsequenzen für Herrn Gisel geben könnte.
Ich schliesse das nicht aus.
Herr Gisel sagte, er habe von den Transaktionen Vincenz' erst sehr spät gewusst. Nach und nach kommen aber immer wieder Informationen ans Licht, die nahelegen, dass Herr Gisel zum Teil früher Einblick hatte. Diese Widersprüche schüren in der Öffentlichkeit Misstrauen und können den Eindruck erwecken, dass da etwas vertuscht werde. Können Sie diesen Eindruck verstehen?
Diesen Eindruck kann ich vollumfänglich verstehen, gar keine Frage. Ich verstehe auch die dahinterliegende Besorgnis. Aber: Ich möchte betonen, dass sich ein mögliches Gewusst-haben-Können von Herrn Gisel nicht mit dem begründeten Verdacht vergleichen lässt, den uns die Staatsanwaltschaft letzte Woche mitgeteilt hat. Das sind zwei verschiedene Dimensionen. Was man in der Bank wann mit all den verschiedenen Informationen gemacht hat und wie man daraufhin Entscheide fällte – das muss jetzt sauber und ohne unnötige Hektik aufgeklärt werden.
Sie amtieren ad interim als Präsident. Ist es für Sie vorstellbar, nach der Delegiertenversammlung im Juni den Job dauerhaft zu übernehmen?
Es wird wohl im Juni noch keinen neuen dauerhaften VR-Präsidenten geben. Dafür brauchen wir einen sauberen Findungsprozess. Denken Sie daran: Bisher war geplant, die Erneuerung des Verwaltungsrats auf das Jahr 2020 anzulegen. Jetzt müssen wir schneller handeln. Wir können aber den Suchprozess des Präsidenten nicht bis im Juni durchwürgen. Es braucht eine echte Auswahl verschiedener qualifizierter Kandidatinnen und Kandidaten. Und das braucht seine Zeit. Ich schliesse aber nicht aus, dass wir bereits im zweiten Halbjahr eine ausserordentliche Delegiertenversammlung einberufen, an der ein neuer Präsident des Verwaltungsrats gewählt wird.
Werden Sie selbst ein Kandidat sein?
Ich schliesse es weder aus, noch gebe ich Ihnen hier eine Zusage. Ich muss mir das überlegen. Mein jetziger Fokus ist auf das Aufräumen gerichtet und nicht auf die langfristige Präsidentschaft.
Sie sind Professor an der Universität Basel. Wie vereinbaren Sie Ihre Professur mit dem Raiffeisen-Amt?
Das habe ich glücklicherweise mit der Universität klären können. Ich habe mit der Uni eine Anstellungsreduktion vereinbart, das würde anders gar nicht gehen. Die Uni steht voll hinter dieser kurzfristigen Lösung, weil sie die Notwendigkeit sieht, dass ich diese Funktion jetzt übernehme. Aber natürlich herrscht dort die Erwartung, dass ich nach dieser Interims-Phase wieder dorthin zurückgehe. Und das ist auch mein aktueller Plan.
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