«Ich will den Managern helfen»
Philipp Riederle ist sehr jung – und verdient gutes Geld damit.
Sie haben nur 1500 Follower auf Instagram. Ein bisschen enttäuschend für einen Vertreter der Generation Y.
Ich richte mich an Manager, Geschäftsführer, Vorstände. Die interessieren sich bisher wenig für Social Media. Deshalb nutze ich Instagram, Facebook, Snapchat et cetera überwiegend privat.
Was qualifiziert Sie zum Generationenvertreter?
Ich reagiere auf einen offensichtlichen Bedarf und grosse Nachfrage. Die Manager der grossen Konzerne kommen ebenso zu mir wie Mittelständler und Medien und klagen: «Wir verstehen euch nicht!» Ihnen will ich helfen. Ebenso den verzweifelten Lehrern und Eltern. Irgendwann sagte ich mir: Das kannst du nicht verantworten, dein Wissen zurückzuhalten, das musst du teilen! Da bietet sich ein Buch einfach an, neben Referaten. Und in meinen Büchern geht es ja notabene nicht nur um mich und meine Sicht auf die Welt, sondern auch um den aktuellen Stand der Wissenschaft, um den ich mich stets bemühe.
Was fragen die Manager genau?
Es geht letztlich immer um die eine, entscheidende Frage: Wie kann ein Unternehmen im Zeitalter der Digitalisierung überleben? Und da ist ein tieferes Verständnis der Generation Y, die die Welt nur digital erlebt hat, entscheidend.
Sie sagen, die Unternehmen müssten Ihrer Generation entgegenkommen. Wie meinen Sie das?
Die Wirtschaft muss dringend über alternative Organisationsformen nachdenken. Sie muss sich fragen, ob die alten Hierarchien noch zeitgemäss sind, oder ob es nicht demokratischere Unternehmensstrukturen braucht. Denn jede Arbeit, bei der ein Chef stets mehr weiss als alle Untergebene und sein Unternehmen entsprechend autokratisch führen kann, wird bald durch Roboter ersetzt. Unternehmen müssen ihre Angestellten und deren Wissen besser einbeziehen. Zudem fordert die Generation Y mehr Freiheit. Fixe Bürozeiten sind Unsinn. Wir wollen arbeiten, was, wann und wo wir wollen. Und so beste Leistung bringen.
Apropos Mitarbeiterdemokratie: Sollen Mitarbeiter über Boni und deren Verteilung mitbestimmen können?
Mehr Macht für die Mitarbeiter – das ist definitiv nötig. Nur so kann ein Unternehmen die immer komplexeren Anforderungen des Marktes und der Technologien erfüllen. Und was die Boni betrifft: Ich kenne mehrere Unternehmen, in denen Mitarbeiter die Gehälter demokratisch aushandeln. Das hat sich als durchaus praktikabel erwiesen. Denn die Mitarbeiter wurden nicht etwa gierig, sondern haben ihre Löhne erstaunlich massvoll eingeschätzt. Das Gehaltsgefüge dieser Firmen erwies sich als stimmiger als bei konventionellen Firmen, in denen die Chefs allein über die Löhne entscheiden.
Welche Branche ist in Ihren Augen besonders innovativ?
Jedes Unternehmen jeder Branche muss heute unglaublich innovativ sein. Sonst geht es unter. Was mir auffällt: Gerade in kleinen Unternehmen passiert viel, dort ist man oft superinnovativ. In der Finanzbranche dagegen gibt es derzeit oft noch alten Wein in neuen Schläuchen. Da entlässt man gerne Leute mit der Ausrede, die Digitalisierung fordere das leider. Dahinter steckt dann meist eine alte, viel zu lange aufgeschobene Restrukturierungsmassnahme. Dabei ist die Digitalisierung, wenn man sie richtig versteht, an sich ja kein Sparprogramm.
Sie sind ein Fan der Flexibilisierung. Sind Sie damit auch ein nützlicher Idiot der Neoliberalen, die die Flexibilisierung – etwa in Form befristeter Arbeitsverträge – ebenfalls loben?
Die Arbeitszeit eines Bäckers zu flexibilisieren, ist sicher nicht sinnvoll, bei den meisten Büroarbeitern ist es das dagegen schon. Befristete Arbeitsverträge, die zur Prekarisierung beitragen, lehne ich hingegen ab. Das ist nicht die Flexibilisierung, die ich meine. Meine Vorstellung einer flexibilisierten Arbeitszeit ist kein Geschenk an den Arbeitnehmer, für das er mit Abstrichen beim Lohn oder den Sozialleistungen bezahlen muss. Sondern sie muss im Sinn jedes Unternehmens sein. Weil der Angestellte so produktiver ist, die besseren Ideen hat und dabei keineswegs weniger arbeitet.
Und was fordern Sie von der Politik?
Sie sollte in den Schulen sofort Medien- und Digitalkompetenz zum Pflichtstoff machen. Heute wissen die Schüler ja nicht einmal, was ein Algorithmus ist; sie haben keine Ahnung, wie und warum im Web ihre Daten gesammelt werden. Die kommen total unvorbereitet aus der Schule raus. Leider tut die Politik nichts, ausser grosse Töne zu spucken.
Ändert womöglich Ihre Generation etwas daran?
Wir sind sehr politisch, wie neue Studien zeigen – ohne uns dabei jedoch auf Parteien oder Wahlprogramme festlegen zu wollen. Wie im Beruf engagieren wir uns auch politisch in Projekten, für die wir uns kurz, aber intensiv einsetzen. Längerfristige Parteibindungen meiden wir eher.
Was wiederum bedeutet, dass Ihre Generation auf Feintuning aus ist, nicht aber auf grundsätzliche gesellschaftliche Veränderungen.
Das kann man so sehen. Passieren aber nicht viele Revolutionen auch im Kleinen?
Können Sie von Ihren Buchverkäufen, Referaten und Beratungen leben?
Ja. Ich habe mittlerweile ja auch ein kleines Team, das mir beratend und administrativ zur Seite steht. Aber dass wir uns recht verstehen: Wenn es Sinn ergibt, arbeite ich auch pro bono, etwa für Schulen und Bildungseinrichtungen.
Dieser Artikel wurde automatisch aus unserem alten Redaktionssystem auf unsere neue Website importiert. Falls Sie auf Darstellungsfehler stossen, bitten wir um Verständnis und einen Hinweis: community-feedback@tamedia.ch