Iggy Pop fühlt sich so frei
Auf der Bühne gibt er immer noch den unkaputtbaren Rock-Performer. Iggy Pops neues Album klingt aber ganz anders.

«I want to be free», sagt Iggy Pop gleich zu Beginn seines neuen Albums «Free», als suche er nach einer Erlösung. Der Godfather des Punk verzichtet bei dieser wortkargen Freiheitsbekundung auf Gitarren und lässt sich bloss von ätherischen Trompeten und nebulösen Keyboardsounds begleiten.
Wie er diese Wörter formt, in den weiten Hallraum hinein, hört man ihm, dem 72-Jährigen, das Alter an. Man fragt sich dann für einen kurzen Moment bang, ob das nun schon ein todesnahes Requiem zu Lebzeiten ist, so wie das sein alter Weggefährte David Bowie mit «Blackstar» getan hat. Und man hofft, dass es bei Iggy Pop einfach seine Produzenten waren, die ihm diese Worte auf den Leib geschrieben haben.
Natürlich fragen sich einige auch, wo in diesem Album die rohe Energie geblieben ist. Die Antwort ist hier schon einfacher: Bereits seit längerer Zeit lebt Iggy Pop die primitive Kraft, die er in Detroit vor fünfzig Jahren mit seiner Band The Stooges entfesseln konnte, nur noch an seinen Shows aus. Er gibt sich dann unkaputt, zeigt seinen sehnigen Oberkörper, performt die Songs, die von ihm erwartet werden: «Lust for Life», «Search and Destroy», «I Wanna Be Your Dog», «The Passenger», man kennt sie.
Im Studio ist er unberechenbarer, spätestens seit er vor 20 Jahren das Album «Avenue B» veröffentlicht hat. Er sang in der Folge – neben berufsjugendlichen Rockplatten – Chansons ein, spannte für seine grosse «Post Pop Depression» mit Josh Homme von den Queens of the Stone Age zusammen, nahm Tracks mit dem Rave-Duo Underworld oder dem Elektroniker Oneohtrix Point Never auf.
Gerade an diese letzten Arbeiten, die auf Atmosphäre denn auf das gute alte Riff setzen, dockt nun «Free» an. Iggy Pops Stimme schwebt über die Musik des Trompeters Leon Thomas und der Ambient-Gitarristin Sarah Lipstate, die auch für einige Texte und die Produktion zuständig waren. Und man kann sich dann schon verlieren, in Songs wie «Sonanil» (hallo «Blackstar»!), oder in Spoken-Word-Tracks wie «Page».
Ganz entrückt ist «Free» aber doch nicht. Da findet sich eine Single wie «James Bond», die eher auf den schnellen Reiz zielt. Und er ist liebeskrank im vielleicht besten Song «Love's Missing», in dem Iggy Pop seine Stimme hochschraubt, so hoch das halt noch geht in seinem Alter, bis zu einem Schrei nach Liebe. Und er wird auch später greifbar, wenn er das Dylan-Thomas-Gedicht «Do Not Go Gentle Into the Good Night» rezitiert. Aber bevor nun einer etwas von Todessehnsucht sagt: Das Album endet mit einer Morgendämmerung. Und alles scheint schön – und sehr frei.

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