Im Tessin als Held gefeiert, in Venezuela verhaftet
Die Recherche über ein berüchtigtes Gefängnis wurde ihm zum Verhängnis: Der Schweizer Journalist Filippo Rossi ist Extremsportler und Lebensretter.

Noch vor wenigen Tagen wurde er im Tessin als Held gefeiert. Gestern sass Filippo Rossi in Venezuela hinter Gittern. Am Samstag wurde der 27-jährige Schweizer Journalist und Extremsportler zusammen mit Kollegen aus Italien und Venezuela festgenommen, als sie im berüchtigten Tocorón-Gefängnis südwestlich der Hauptstadt Caracas recherchieren wollten. Laut dem Journalistenverband von Venezuela wird ihnen vorgeworfen, nicht genehmigte Kameras in die Strafanstalt mitgebracht zu haben. Am Sonntag wurden sie wieder freigelassen.
«Sie hatten eine Bewilligung der Polizei für ihre Arbeit», schrieb gestern die Mailänder Zeitung «Il Giornale» auf ihrer Website. Sie berief sich dabei auf ein Telefongespräch am Freitag mit dem ebenfalls verhafteten italienischen Kameramann Roberto di Matteo, der regelmässig für «Il Giornale» arbeitet. Nicht die Polizei, sondern die Nationalgarde, die Guardia Bolivariana, habe die Journalisten festgenommen, hiess es.
In Venezuela seien die beiden Europäer seit einer knappen Woche gewesen, um sowohl über die Proteste gegen den umstrittenen Präsidenten Nicolás Maduro als auch über dessen Anhänger zu berichten, schrieb «Il Giornale». Der venezolanische Kollege, mit dem sie unterwegs waren, arbeite allerdings für eine bekannte regierungskritische Website, «Dolar Today». «Das könnte das Problem sein.»
Marathon durch die Wüste Gobi
Ende September hatte Rossi, ebenfalls ein Mitarbeiter von «Il Giornale», in seiner Heimatstadt Lugano eine Auszeichnung des Sportverbandes Panathlon International entgegengenommen – «ein sehr bewegender Moment», wie er auf Facebook schrieb. Damit ehrte der Verband den Ultramarathonläufer für einen Einsatz, der 2016 auch in der Schweiz Schlagzeilen gemacht hatte.
Rossi nahm an einem mehrtägigen Marathon durch die Wüste Gobi teil, als er mitten in der Wildnis bei 55 Grad auf den Konkurrenten Tommy Chen traf, der völlig dehydriert und desorientiert war. Daraufhin brach Rossi sein Rennen ab, kümmerte sich um den Taiwaner, begleitete ihn stundenlang bis ins Ziel und rettete ihm damit vermutlich das Leben.
Rossi hat mehrere solche Extremläufe absolviert; 2016 lief er auch, um eine Kampagne der Hilfsorganisation Helvetas zu unterstützen: Unter dem Motto «Lauf durch die Wüste, Lauf für das Wasser» wurde Geld gesammelt, um Trinkwasserprojekte in Afrika zu finanzieren. Dieses Jahr arbeitete er einige Monate bei einer Hilfsorganisation in Ruanda.
«Den Menschen eine Stimme geben»
«Laufen ist für mich eine Philosophie», sagte Rossi, der in Zürich Politikwissenschaften, Arabisch und Portugiesisch studiert hat. «Man entdeckt die Welt und sich selbst.» Seinen bisher letzten mehrtägigen Ultramarathon lief Rossi im September im Iran.
Rossi nutzt seine Marathonreisen auch, um journalistisch zu arbeiten. Er schreibe über die abgelegenen Regionen und Länder, in denen er laufe, um «den Menschen eine Stimme zu geben, die sonst nichts zu sagen haben», sagte er letztes Jahr der «SonntagsZeitung».
In Venezuela jedoch war Rossi nicht sportlich unterwegs. Im Land, das in den letzten Jahren wirtschaftlich ruiniert wurde, tobt ein oft blutiger Machtkampf zwischen dem linken Präsidenten Nicolás Maduro und seinen bürgerlichen Widersachern. Er ist geprägt von Strassenprotesten und politischen Intrigen.
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