Bidens ZwischenbilanzIn der Partei spricht man mittlerweile von «Steady Joe»
Joe Biden feiert die Halbzeit seiner US-Präsidentschaft, in der vieles besser lief als befürchtet. Dem Widersacher Donald Trump reibt er seine Erfolge unter die Nase. Aber eine Frage lässt er noch unbeantwortet.

Joe Biden konnte nicht widerstehen, die Gelegenheit war zu gut. Sein Vorgänger Donald Trump hatte kürzlich eine «grosse Bekanntmachung» angekündigt. Wie sich herausstellte, meinte Trump die Nachricht, dass er rundheraus lächerliche elektronische Sammelbildchen, sogenannte NFTs, von sich selbst verkaufte. Also schrieb Biden auf Twitter, auch er habe ein paar «grosse Bekanntmachungen». Und dann teilte er aus.
Wie ein Boxer Treffer um Treffer gegen einen überforderten Gegner landet, haute Biden seinem einstigen und womöglich auch künftigen Rivalen seine jüngsten Erfolge um die Ohren: die Inflation abgeschwächt. Das Gesetz zum Schutz der Ehe für alle verabschiedet. Die Basketballerin Brittney Griner aus russischer Haft zurück nach Hause geholt. Benzinpreise auf niedrigeren Stand als vor einem Jahr gesenkt. 10'000 neue Jobs in Arizona geschaffen.
Trump antwortete nicht, obwohl Elon Musk, der neue Besitzer von Twitter, sein Konto wieder freigeschaltet hat. Was hätte er auch schreiben sollen? Biden hatte mit jedem seiner Punkte recht.
Am Ende seines zweiten Jahres im Weissen Haus, auf dem Scheitelpunkt der Legislaturperiode, läuft es für Biden besser denn je. Es war erwartet worden, dass die Demokraten bei den Zwischenwahlen Anfang November, den Midterms, von den Wählerinnen und Wählern eine Abreibung bekommen. Zum einen ist es bei Midterms so üblich, dass die Partei des Präsidenten Verluste hinnehmen muss, zum anderen waren Bidens Beliebtheitswerte miserabel. Noch schlechter als die von Trump vor vier Jahren, und die waren schon historisch mies. Dann aber verloren die Demokraten viel weniger Sitze im Repräsentantenhaus als erwartet, und im Senat gewannen sie sogar einen Sitz hinzu.