Firmenpleiten in der SchweizIn diesen Branchen gibt es am meisten Konkurse
Die Zahl der Insolvenzen nimmt zu. Auffallend ist, dass es in der Deutschschweiz mehr Konkurse gibt als in der Romandie.

Handwerksbetriebe und das Gastgewerbe sind die grössten Konkurstreiber der Schweiz. Zu diesem Schluss kommt eine aktuelle Analyse der Wirtschaftsauskunftei Dun & Bradstreet, die am Donnerstag veröffentlicht wurde. Von Januar bis Juli kam es schweizweit zu 2192 Insolvenzfällen, was einer Zunahme um drei Prozent gegenüber dem ersten Halbjahr 2020 entspricht.
Den direkten Einfluss der Corona-Krise stuft Studienautor Christian Wanner als gering ein, denn die Zahl der Konkurse steige auf tiefem Niveau. Indirekt gebe es aber einen Effekt: «Noch fliessen die Unterstützungsgelder des Staates, das hält viele konkursgefährdete Unternehmen knapp über Wasser», sagt Wanner.
Es sei deshalb eine Frage der Zeit, bis es im Verlauf des Jahres zu einem spürbaren Anstieg der Firmenpleiten komme. «Das hängt auch davon ab, inwiefern der Staat seine Fördertöpfe weiter mit Geld füllt.»
Dass insbesondere Wirte und selbstständige Handwerker anfällig für einen Konkurs sind, hat verschiedene Gründe. «Gerade in der Gastronomie sind die Einstiegshürden tief», sagt Wanner. «Viele meinen, sie müssten nur gut kochen können, um ein Restaurant zu eröffnen.»
Tatsächlich fehle es in Gaststätten und Handwerksbetrieben aber oft an betriebswirtschaftlichem Wissen, etwa was Finanzen und Marketing betreffe. Diese Branchen hätten deshalb schon vor der Corona-Krise für einen hohen Anteil der Konkurse gesorgt.
Verwerfungen am Holzmarkt erhöhen Konkursrisiko
Kein Wunder, bleibt der von Dun & Bradstreet errechnete Risikofaktor für eine Firmenpleite im Gastgewerbe und Handwerk weiterhin hoch. Am anfälligsten ist im Moment jedoch die Holz- und Möbelindustrie. Der Insolvenzindikator liegt hier bei 240. Das bedeutet, dass in diesem Wirtschaftszweig Konkurse 2,4-mal häufiger sind als im schweizerischen Durchschnitt aller Branchen.
Mit ein Grund dürften die aktuellen Verwerfungen an den internationalen Holzmärkten sein. Eine unzureichende Holzversorgung und die steigenden Rohstoffpreise erschweren die Geschäfte.
Ein Blick auf die regionalen Unterschiede zeigt: In den vier Westschweizer Kantonen Freiburg, Waadt, Genf und Wallis gibt es weniger Konkurse als vor einem Jahr. Lässt man diese Kantone weg, dann gäbe es deutlich mehr Insolvenzen. Ist die Romandie also widerstandsfähiger gegen Konkurse als die Deutschschweiz? Dun & Bradstreet will dazu keine qualitative Aussage machen.
Die Konjunkturforschungsstelle der ETH Zürich dagegen führt die Ergebnisse auf die aussergewöhnliche Lage im vergangenen Frühjahr zurück. «Die Konkurse brachen damals aufgrund der rechtlichen und wirtschaftlichen Stützungsmassnahmen des Bundes überall sehr heftig deutlich ein», sagt Konkursexperte Florian Eckert. «Regionen mit einem tieferen Einbruch der Insolvenzen verzeichneten nun auch wieder eine kräftigere Normalisierung.»
Es gibt jedoch einen Hoffnungsschimmer: In den ersten sieben Monaten des laufenden Jahres wurden bereits 30’817 Unternehmen neu ins Handelsregister eingetragen – trotz der Pandemie. Dies ist ein Plus von 16 Prozent gegenüber dem Vorjahr.
«Firmengründer haben Vertrauen in die Zukunft»
Das deute darauf hin, dass Firmengründer Vertrauen in die wirtschaftliche Zukunft der Schweiz sowie in die Geschäftsmodelle ihrer Unternehmen hätten, sagt Christian Wanner von Dun & Bradstreet.
Die Pandemie dürfte zum Gründungsfieber beigetragen haben. «Die Leute nutzten die Zeit zu Hause, um kreativ zu sein und um sich vertieft mit ihrer beruflichen Zukunft auseinanderzusetzen», sagt Wanner. Das habe vermutlich bei vielen Arbeitnehmern den Wunsch verstärkt, in die Eigenständigkeit zu gehen.
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