«In jedem Terroristen steckt ein einst schwer gedemütigtes Kind»
Die Kindheitsforscherin Alice Miller (87) ist tot. Bekannt wurde sie mit dem Werk «Drama des begabten Kindes». Ihre Thesen sorgten zum Teil für grosse Kontroversen.
Dies teilte der Suhrkamp Verlag am Freitag in Berlin mit. Miller lebte zuletzt in der Provence. Zu den bekanntesten Werken der 1923 im damaligen Lwow in Polen (heute Lwiw/Ukraine) geborenen Miller gehören «Das Drama des begabten Kindes» und «die Suche nach dem wahren Selbst» von 1979. Damit begann sie ihre Auseinandersetzung mit den Folgen der Misshandlung von Kindern.
Miller studierte in Basel Philosophie, Psychologie und Soziologie. Nach der Promotion war sie 20 Jahre lang Psychoanalytikerin. 1980 gab sie ihre Praxis in der Nähe von Zürich auf und konzentrierte sich auf das Schreiben. Ihre Bücher wurden in 30 Sprachen übersetzt. Die Beisetzung fand laut Suhrkamp im engsten Kreis statt.
Umstrittene Thesen
Sie grenzte sich von der Psychoanalyse ab, die aus ihrer Sicht in alter Tradition das Kind beschuldigt und die Eltern schont. Für die Forscherin hatten vernachlässigte Kinder, gewalttätige Jugendliche und Terrorismus die gleiche Ursache. Die Täter wurden gequält, als sie klein waren. Eine von Millers - umstrittenen - Thesen lautete: «In jedem noch so schrecklichen Diktator, Massenmörder, Terroristen steckt ausnahmslos ein einst schwer gedemütigtes Kind, das nur dank der absoluten Verleugnung seiner Gefühle der totalen Ohnmacht überlebt hat.»
Miller appellierte an Erwachsene, sich dem Schmerz zu stellen, den sie als Kind erlitten haben. Depressionen, Krankheit und Drogensucht könnten Folgen eines «Selbstverrats» sein. Als Beispiele nannte Miller Prominente wie Marilyn Monroe, Virginia Woolf und Elvis Presley.
SDA/rb
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