Film-Highlights der WocheIn «Massive Talent» nimmt sich Nicolas Cage selbst auf die Schippe
Dazu empfehlen wir einen Frauengefängnisfilm aus der Ukraine sowie eine Wikinger-Variante von Hamlet.

The Unbearable Weight of Massive Talent
Actionkomödie von Tom Gormican, USA 2022, 107 Min.
Lang ists her seit dem letzten Kinoblockbuster mit Nicolas Cage. Umso erstaunlicher, dass es im jüngsten Film mit ihm gerade darum geht – also um einen komplett neben die Spur geratenen Nicolas Cage, den niemand mehr besetzen will, der zudem verschuldet ist und der vor lauter Egozentrik das Leben seiner Ex-Frau (Sharon Horgan) und seiner Tochter (Lily Mo Sheen) zur Hölle macht.
Nur gut, dass seinem Agenten (Neil Patrick Harris) eines Tages das Angebot eines milliardenschweren Cage-Fans namens Javi (Pedro Pascal) reinschneit, der den Ex-Star für eine Million Dollar zum Geburtstag nach Mallorca einfliegen möchte. Was Cage nicht ahnt, ist, dass er damit in eine ziemlich reale Agentenstory hineingerät. Klingt entfernt nach «Being John Malkovich»? Tatsächlich gabs auch in einem Film mit Nicolas Cage selten so viel zu schmunzeln – angefangen bei dessen «schamanistischen Instinkten» bis zum «figurengetriebenen Erwachsenendrama», das Cage und Javi als gemeinsames Filmprojekt vorschwebt.
Aber dann – unter Drogen – wird erstens alles anders und der abgehalfterte Schauspieler zweitens dauernd mit dem eigenen Werk konfrontiert. Ausserdem taucht hie und da ein imaginiertes Alter Ego namens Nicky auf, das Cage andonnert, eine kleine Reminiszenz an «Face/Off» und «Adaptation», wo der Darsteller ebenfalls Doppelrollen spielte. Das alles ist erfrischend skurril inszeniert und so überbordend gespielt, dass man sich gern wieder ein paar alte Nicolas-Cage-Filme anschaut. (zas)
Ab Do 21.4. im Kino
107 Mothers
Drama von Péter Kerekes, SK/UA 2021, 93 Min.
Im Ukraine-Krieg sind inzwischen die ersten Bomben auf Odessa gefallen, vor drei Jahren hatte Peter Kerekes in der Stadt noch «107 Mothers» gedreht, ein Drama mit dokumentarischem Touch. Der Film erzählt von Lesya (Maryna Klimova), die wegen Mordes im Frauengefängnis sitzt. «Wen haben Sie umgebracht?», fragt eine Wärterin einmal. «Meinen Mann», sagt Lesya. Aus Eifersucht. Sieben Jahre hat sie dafür bekommen.
Zu Beginn ihrer Haft bringt Lesya einen Knaben auf die Welt. Er bleibt auf der Kinderstation, nur wenige Stunden am Tag darf sie zu ihm. Sobald er drei Jahre alt wird, kommt er ins Waisenhaus – es sei denn, Verwandte nehmen ihn zu sich oder Lesya wird auf Bewährung entlassen. Für beide Varianten stehen die Chancen schlecht.
Regisseur Kerekes hat die Hauptrolle und einige Nebenrollen mit Schauspielerinnen besetzt, ansonsten ist das Gefängnis mit seinen Insassinnen und Wärterinnen echt. Die Inszenierung ist nüchtern, aber das Schicksal der inhaftierten Frauen geht einem nahe. (ggs)
Ab Do 21.4. im Kino
The Northman
Historiendrama von Robert Eggers, GB/USA 2022, 137 Min.
Wikinger gibts überall, sie haben unsere Streamingdienste längst erobert. So roh und blutrünstig wie in «The Northman» haben wir sie aber noch nie gesehen. Gedreht hat das Kinoabenteuer US-Regisseur Robert Eggers, der sich mit «The Witch» und «The Lighthouse» in der Horrorfilmgemeinde einen Namen gemacht hat. In seinem ersten Film für ein grosses Studio erzählt er nun eine Rachegeschichte.
Im Zentrum steht der von Alexander Skarsgård gespielte Amleth (ja, seine Saga ist eine Frühform von Hamlet). Die mythische Welt und die reale vermischen sich, die Bilder sind überwältigend – und auch Stars wie Nicole Kidman, Willem Dafoe und Björk tauchen auf. Aber manchmal muss man gut hinschauen, um sie zu erkennen. (ml)
Ab Do 21.4. im Kino
All the Old Knives
Spionagethriller von Janus Metz Pedersen, USA 2022, 101 Min.
Im Zentrum dieses Spionagethrillers steht ein Abendessen in einem feinen Restaurant. Meeresblick, Weinbar, Sonnenuntergang: kitschige Hochglanzästhetik wie aus der Werbung. Es geht aber um Leben und Tod. Geheimagent Henry (Chris Pine) trifft dort Celia (Thandiwe Newton), eine ehemalige Kollegin und Geliebte. Die beiden arbeiteten vor einigen Jahren in der US-Botschaft in Wien. Terroristen entführten damals ein Flugzeug, alle Geiseln kamen ums Leben. Jetzt gibts Hinweise darauf, dass während der Krise jemand aus dem amerikanischen Team den Terroristen einen Hinweis gab. Und es scheint, dass Celia dieser Maulwurf war. Bestätigt sich der Verdacht, wird sie das Restaurant nicht mehr lebend verlassen. Doch so simpel ist es bei dieser Art von Film natürlich nicht. Die Twists kommen nicht völlig überraschend, spannend ist «All the Old Knives» aber allemal. (ggs)
Kurzfilmnacht
Die Kurzfilmnacht tourt durch die Schweiz und macht in Zürich halt. In vier Programmblöcken gibts aktuelles Filmschaffen. Darunter «Über Wasser»: Sommer in Zürich. Eine junge Frau (Sofia Elena Borsani) badet im Schanzengraben, radelt durch die Stadt, spuckt von einer Brücke auf eine Strasse runter. Auf dem Heimweg hält neben ihr ein Auto mit zwei Männern. «Einmal lächeln. Nur einmal! Für uns.» Es wird gefährlich. Die intensive Erzählung erhielt den Schweizer Filmpreis, Regisseurin Jela Hasler gewann dazu den Zürcher Filmpreis für ihre Regie. (ggs)
Fr 22.4., 20.30 Uhr, Kosmos
Vortex
Drama von Gaspar Noé, F 2021, 142 Min.
Wie Michael Hanekes «Amour», aber im Register des Psychothrillers: Ungefähr so läuft Gaspar Noés persönlicher Film über das Sterben eines alten Paars (Dario Argento, Françoise Lebrun) ab. Die Annäherung an den Tod ist drastisch und entwickelt eine eigene faszinierende Kraft, auch wenn das Ganze schwer auszuhalten ist. Unvergesslich bleibt Horrorregisseur Dario Argento in der männlichen Hauptrolle: Schauspielen kann er nicht, aber seine Auftritte haben etwas Existenzielles. (blu)
Ab Do 21.4. im Kino
The Room
Melodrama von Tommy Wiseau, USA 2003, 99 Min.
Eigentlich ist «The Room» völlig missraten, hat jedoch aufgrund seiner unfreiwilligen Komik einen beträchtlichen Unterhaltungswert. Den grössten Anteil daran hat die bizarre Schauspielleistung von Tommy Wiseau – der Geschäftsmann hatte das Projekt aus eigener Tasche finanziert und sich als tragischen Helden besetzt. Im Anschluss an die Vorstellung gibts einen Filmtalk mit Schriftsteller Benedict Wells und Produzent Christoph Daniel sowie einem Überraschungsgast. (ggs)
So 17.4., 20.30 Uhr, Arthouse Uto
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