Kommentar zur Verurteilung von Hans Ziegler Insiderhandel ist noch immer ein Kavaliersdelikt
Bedingte Strafen, bedingte Konsequenzen. Wer an der Börse betrügt, kann noch immer mit der Milde des Gesetzes rechnen.

Immerhin, es gab keinen Freispruch. Das Bundesstrafgericht in Bellinzona hat Hans Ziegler zu einer bedingten Freiheitsstrafe von 24 Monaten sowie zu einer Busse von 10’000 Franken verurteilt. Ziegler hat laut Gericht qualifizierten wirtschaftlichen Nachrichtendienst betrieben, das Geschäftsgeheimnis verletzt und Insiderhandel betrieben. Ebenfalls verurteilt wurde ein früherer Kadermitarbeiter der Finanzberatungsfirma Lazard. Dieser erhält eine bedingte Freiheitsstrafe von 12 Monaten und eine Busse von rund 8000 Franken.
Trotzdem, ein schaler Nachgeschmack bleibt. Verglichen mit einer Deliktsumme in Millionenhöhe und der Tatsache, dass Ziegler fast krankhaft zahlreiche heikle Börsen-Deals tätigte – er selber bezeichnete sich vor Gericht als Zocker –, ist die Strafe sehr milde. Für denselben Tatbestand wären die beiden in den USA sicher ins Gefängnis gewandert, ein paar Jahre dringeblieben, und sie hätten Millionenbussen bezahlt.
In der Schweiz hat man aber noch immer das Gefühl, als wollten die Verantwortlichen für den Finanzplatz, seien es die Bankführungskräfte, die Verantwortlichen bei der Börse und vor allem auch die Politiker bis hin zu Finanzminister Ueli Maurer, den Insiderhandel nicht wirklich scharf bestrafen. Ohne Druck aus den USA gäbe es wohl bis heute kein griffiges Gesetz. Die Amerikaner sorgten dafür, dass 1988 wenigstens eine Insiderstrafnorm eingeführt wurde, damit die Schweiz bei Insiderfällen den USA endlich Rechtshilfe geben kann.
Aber es gibt noch eine andere Enttäuschung. Ziegler war der prominenteste Sanierer von Krisenfirmen in der Schweiz. Er wickelte die 2003 kollabierte Winterthurer Erb-Gruppe ab, er rettete Interdiscount und die schlingernde Kleiderkette Charles Vögele, half bei Swisslog und beim Industriekonzern Oerlikon oder beim Stahlunternehmen Schmolz + Bickenbach, Firmen wieder auf Vordermann zu bringen. Nicht immer mit Erfolg, aber wenigstens ehrlich, wie man fälschlicherweise glaubte. Meist nahmen ihn die Unternehmen auch gleich in den Verwaltungsrat auf. Dass dieser Mann nebenher noch illegal von seinen Mandaten profitierte, das ist die grösste Enttäuschung und höchstens vergleichbar mit dem Fall Pierin Vincenz.
Arthur Rutishauser ist Chefredaktor der Redaktion Tamedia und der SonntagsZeitung. In dieser Funktion ist er Mitglied der Geschäftsleitung von Tamedia. Der promovierte Ökonom war ursprünglich Wirtschaftsredaktor.
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