Islamisten geben in Tunesien die Macht ab
Ali Larayedh macht den Weg frei für eine neue Regierung: Der tunesische Ministerpräsident hat wie erwartet seinen Rücktritt eingereicht. Die friedliche politische Neuordnung könnte nun endlich gelingen.

Drei Jahre nach Beginn des Arabischen Frühlings versucht Tunesien einen politischen Neustart. Ministerpräsident Ali Larayedh reichte heute Donnerstag wie angekündigt seinen Rücktritt ein, um die Macht an eine Expertenregierung zu übergeben. Diese soll noch dieses Jahr Neuwahlen organisieren. «Ich hoffe, das Land wird ein Vorbild für den demokratischen Übergang», sagte Larayedh.
Er gehört der gemässigt islamistischen Ennahda Partei an, die in Tunesien seit dem Sturz von Diktator Zine El Abidine Ben Ali 2011 dominierte. Vergangenes Jahr war das Land in eine politische Krise gestürzt, nachdem Islamisten zwei linke Oppositionspolitiker ermordet hatten. Nach langem Hin und Her erklärte sich die Ennahda zum Machtverzicht und zu Neuwahlen bereit. Die Übergangsregierung soll von Mehdi Jomaa geleitet werden.
Kommission stimmt über Verfassung ab
In der Nacht zum Donnerstag hatte die Verfassungsgebende Versammlung, die derzeit über ein neues Grundgesetz für das nordafrikanische Land befindet, eine neunköpfige Wahlkommission bestimmt. Dies hatte Larayedh als Voraussetzung für seinen Rücktritt benannt. Der Wahlkommission gehören unter anderen Richter, Rechtsexperten sowie Fachleute für Finanzen und Computertechnik an. Drei Mitglieder waren auch schon an der Vorbereitung der Wahl im Oktober 2011 beteiligt.
Die Abstimmung über die neue tunesische Verfassung soll bis Dienstag abgeschlossen sein. Da es bei der Bestimmung der Wahlkommission eine Verzögerung gab, könnte sich die Frist verlängern. Zunächst müssen die 217 Mitglieder jeden der 150 Artikel des Dokuments einzeln billigen und dann das gesamte Schriftwerk mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit annehmen. Nächster Schritt ist dann ein Referendum über die neue Verfassung.
Ennahda bleibt starke Kraft
Ebenfalls am Dienstag jährt sich Ben Alis Sturz zum dritten Mal. Er hatte Tunesien 23 Jahre lang beherrscht. Im Winter 2010/2011 hatten Proteste nach der Selbstverbrennung eines Gemüsehändlers sich zur Rebellion gegen den Autokraten ausgewachsen – und danach ähnliche Aufstände in mehreren anderen Ländern der Region inspiriert, darunter Libyen, Ägypten und Syrien.
Danach kam der politische Wandel jedoch ins Stocken, auch in Tunesien erstarkten islamistische Extremisten. Da auch der wirtschaftliche Aufschwung fehlte, kam es wieder zu Demonstrationen unzufriedener Bürger. Angesichts der anhaltenden Probleme schwand die Unterstützung für die Ennahda. Sie ist aber nach wie vor eine der stärksten politischen Kräfte im Land.
SDA/fko
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