Israels Regierungschef drei Stunden lang verhört
Die Polizei befragte Benjamin Netanyahu in dessen Residenz in Jerusalem. Dem israelischen Ministerpräsidenten wird Korruption vorgeworfen.

Die israelische Polizei hat Ministerpräsident Benjamin Netanyahu am Montag erstmals zum Verdacht befragt, er habe von Geschäftsmännern illegale Vergünstigungen angenommen. Die Vernehmung in Netanjahus Amtssitz dauerte laut einem Polizeisprecher drei Stunden.
Das Justizministeriums veröffentlichte zudem am späten Montagabend zum ersten Mal eine ausführliche Mitteilung des Generalstaatsanwalts Avichai Mandelblit zu den Ermittlungen gegen Netanyahu. Eine im Juli 2016 angeordnete Prüfung von verschiedenen Vorwürfen gegen Netanyahu habe zum gegenwärtigen Ermittlungsverfahren geführt, hiess es in der Mitteilung Mandelblits.
Einige Verdachtsmomente nicht erhärtet
Dutzende von Zeugen in Israel und im Ausland seien befragt worden, teilweise mehrmals. Relevante Dokumente seien sichergestellt worden. Bei der Beweisaufnahme habe es innerhalb des vergangenen Monats eine Wende gegeben. Weitere Details könnten erst im weiteren Verlauf der Ermittlungen bekanntgegeben werden, falls diese der Untersuchung nicht schadeten.
Gleichzeitig hätten sich im Verlauf der Prüfung andere Verdachtsmomente nicht erhärtet, wie etwa Vorwürfe illegaler Wahlkampfspenden im Jahre 2009, des Wahlbetrugs bei internen Wahlen seiner Likud-Partei sowie der illegalen Finanzierung von Flügen, hiess es weiter.
Residenz abgeschirmt
Die Polizei traf laut einem Bericht des staatlichen Rundfunks um 18.30 Uhr (17.30 Uhr MEZ) in der Residenz im Zentrum Jerusalems ein. Schon vor dem Eintreffen der drei Polizeiermittler des Lahav 433, bekannt auch als «israelisches FBI», deckten Wächter das Gitter um die Residenz mit schwarzen Stoffbahnen ab.
Seine Gegner sollten sich nicht zu früh auf sein Scheitern freuen, sagte Netanyahu vor der Befragung laut einem Video auf seiner Facebook-Seite. «Wir sehen und hören die festliche Stimmung in den Fernsehstudios und in den Fluren der Opposition», sagte Netanyahu. «Ich möchte ihnen sagen, dass sie mit ihren Feiern warten müssen. Es wird nichts geben, weil es nichts gibt.»
Spekulationen über Vorwürfe
Nach Informationen der Zeitung «Haaretz» hat ein US-Unternehmer zugegeben, Netanyahu einen Anzug und seinem Sohn Jair einen Auslandsaufenthalt geschenkt zu haben. Es soll jedoch noch weitere, schwerwiegendere Vorwürfe geben.
David Amsalem, Abgeordneter von Netanyahus rechtsorientierter Regierungspartei Likud, sprach von einem Versuch, Netanyahu mit juristischen Mitteln zu Fall zu bringen. Er macht sich für einen Gesetzesentwurf stark, der strafrechtliche Ermittlungen gegen einen amtierenden Regierungschef verbieten soll.
Korruptionsvorwürfe gegen Ehefrau
Bereits während Netanyahus erster Amtszeit hatte es eine Untersuchung wegen Korruptionsvorwürfen gegen ihn und seine Frau Sara gegeben. Sie wurde jedoch im Jahr 2000 eingestellt, weil die Beweise nicht für eine Erfolg versprechende Anklage ausreichten.
Netanyahus Amtsvorgänger Ehud Olmert musste 2008 wegen Korruptionsvorwürfen seinen Rücktritt erklären. Er verbüsst gegenwärtig eine Haftstrafe von 19 Monaten.
Verbindungen in U-Boot-Kauf
Mögliche Affären um Netanyahu und sein Umfeld hatten bereits wiederholt für Schlagzeilen gesorgt. So ordnete der israelische Generalstaatsanwalt im November Ermittlungen gegen einen Vertrauten des Regierungschefs an.
Hintergrund ist der Kauf von drei U-Booten aus deutscher Produktion. Der Anwalt der Familie Netanyahu soll laut Medienberichten zugleich für den von ThyssenKrupp in Israel verpflichteten Agenten tätig sein.
Kritischer Bericht veröffentlicht
Im Juni räumte Netanyahu eine Geldspende eines Geschäftsmannes ein, der später in Frankreich wegen millionenschweren Steuerbetrugs beim Emissionshandel zu einer Gefängnisstrafe verurteilt wurde. Netanyahus Büro betonte aber, die Spende habe nicht gegen geltendes Recht verstossen.
Im Mai veröffentlichte der israelische Rechnungshof einen kritischen Bericht über Flugreisen Netanyahus, welche dieser zumeist in Begleitung von Frau und Kindern in seiner Zeit als Finanzminister (2003-05) unternommen hatte. Dabei ging es um die möglicherweise missbräuchliche Verwendung von Bonusmeilen und um den Verdacht der doppelten Abrechnung von Tickets.
SDA/chi
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