Ist das Winterthurer Herz ein Plagiat?
Das am Dienstag präsentierte neue Marketinglogo für Winterthur hat einen Zwilling in Luzern.

Eine Luzernerin mit Standbein am Casinotheater in Winterthur hat es als Erste gemerkt: Irene Brügger, bekannt aus Giacobbo/Müller als das lustige, musizierende «Frölein Da Capo». Das vor wenigen Tagen präsentierte neue Logo der Winterthurer Standortförderung «House of Winterthur» ist möglicherweise geklaut.
Die Ähnlichkeit zum Logo der WerWasWolhusen-App sei aber «ordali frappant ...», schreibt sie am Donnerstagabend auf Facebook. Und tatsächlich: Das mit einem Herz versehene W, das die Markenspezialisten der Winterthurer Agentur Confident für die Standortförderung und Winterthur Tourismus entwickelt haben, ist bis auf die Farben identisch mit dem Erscheinungsbild der News- und Gewerbeplattform WerWasWolhusen aus dem Luzernischen.
Ein Plagiatsskandal? Damit hat Andy Hochstrasser, Initiantin von WerWasWolhusen, nicht gerechnet: «Oh my god, ausgerechnet jetzt, wo wir richtig durchstarten, so etwas!», sagt die Journalistin. Seit vier Jahren betreibt sie den Blog WerWasWolhusen auf Facebook als Herzensprojekt. Seit kurzem mit Unterstützung der Gemeinde. Hochstrassers Motivation: «Wolhusen hat viele spannende und engagierte Leute, davon hört man aber zu wenig.»
«Nur kein Behördending»
Das Dorf am Eingang zum Entlebuch, in zwei Teile geschnitten von der Kleinen Emme, hat es schwierig: Die 4300 Einwohner plagen hohe Steuern, und der Dorfkern sei auch keine Schönheit, wie Hochstrasser sagt. «Wolhusen ist dank den Vereinen und engagierten Leuten aber dennoch ein attraktiver Wohnort.» Das will sie auf WerWasWolhusen aufzeigen. Einer lebendigen Plattform, mit News aus dem Dorf und der Umgebung, Inputs von Vereinen und dem Gewerbe. «Nur kein Behördending.»
Der Enthusiasmus von Hochstrasser hat die Wolhuser Behörden aber doch überzeugt: Im Juli 2018 hat der Gemeinderat einen Startbeitrag für die App zugesichert auf das Jahr 2019 hin. Seither gleist Hochstrasser zusammen mit einem Wolhuser Softwareentwickler eine App auf, und WerWasWolhusen tritt mit dem eigenen Logo auf, dem Herz-W, das so stark dem des «House of Winterthur» gleicht.
Eingebung nachts um 2 Uhr
Dominique Walser, Inhaber der Winterthurer Markenagentur Confident, die das Logo für das «House of Winterthur» entwickelt hat, spricht von einem unglücklichen Zufall. «Ich glaube, dass auf beiden Seiten keiner mit Absicht den anderen kopiert hat. Vielmehr hatten wohl zwei zur gleichen Zeit die gleiche Idee.» Das komme immer wieder vor.
Die Idee zum Logo hatte Mitarbeiterin Sandra Lehman im Juni 2017 in einer schlaflosen Nacht um 2 Uhr herum, wie sie sagt. Die Website von WerWasWolhusen hat sie in diesen Tagen zum ersten Mal gesehen. Bevor die Agentur ihren Vorschlag für das Erscheinungsbild präsentiert hat, hat sie es schützen lassen. «Man weiss ja nie, wer an solchen Pitches alles anwesend ist», sagt Inhaber Walser. Auch eine Ähnlichkeitsüberprüfung habe man durch einen Anwalt machen lassen. Damals sei ihnen das Logo so nicht begegnet. «Wir würden sicher nicht ein Erscheinungsbild entwickeln, wenn wir es schon irgendwo gesehen haben.»
Beliebt als Hochzeitssujet
Michael Domeisen, Direktor des «House of Winterthur», sieht die Sache gelassen. Man habe zwar damit gerechnet, dass das Herz-W so oder ähnlich irgendwann irgendwo auf der Welt auftauche: «Aber dass es so bald, und vorallem so nahe sein wird, hat uns überrascht.» Gegen das Wolhuser Herz-W will er keineswegs rechtlich vorgehen, im Gegenteil. «Es freut uns, dass es einen weiteren Ort mit viel Herz gibt.» Er hat Andy Hochstrasser inzwischen zu einem Treffen nach Winterthur eingeladen. Bei dieser hat sich damit die anfängliche Verunsicherung gelegt. «Der Zufall mit dem Logo ist unglaublich», sagt sie.
Auch Agenturchef Walser ist froh um die einvernehmliche Lösung: «Ich habe nicht das Gefühl, dass sich die beiden sehr ähnlichen Logos im Weg stehen.» Als freigestelltes Herz-W, wie es das Wolhuser Internetportal verwendet, soll das Winterthurer Logo nämlich nicht eingesetzt werden, sondern immer nur in Verbindung mit dem Namen der Stadt und in einem weiteren Kontext.
Das Herz-W, wie es die beiden Grafikerinnen gleichzeitig entwickelt haben, hat seinen Siegeszug um die Welt übrigens bereits angetreten. Eine Google-Suche offenbart, dass es als Sujet für Hochzeitseinladungen äusserst beliebt ist: Weil ein W nicht nur für Winterthur und Wolhusen steht, sondern eben auch für «Wedding».
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