Jahrhundertkoch Paul Bocuse wird 85 Jahre alt
Mehr als ein halbes Jahrhundert ist es her, dass der «Guide Michelin» dem Koch einen ersten Stern verlieh. Seit 1965 trägt seine Auberge du Pont de Collonges drei Sterne - ohne Unterbrechung. Ein Weltrekord.
In der Küche steht Paul Bocuse, der am Freitag seinen 85. Geburtstag feiert, schon seit Jahren nicht mehr selbst. Trotzdem ist sein Sternerestaurant in der Nähe von Lyon ausgebucht, brummt das Geschäft. Völlig normal, findet er - in der Formel Eins habe schliesslich auch nicht Enzo Ferrari selbst an den Autos herumgeschraubt.
Die Liebe zum Kochen wurde dem Franzosen in die Wiege gelegt. Schon sein Urgrossvater hatte Mitte des 19. Jahrhunderts ein Restaurant, sein Grossvater eröffnete in Collonges-au-Mont-d'Or die Auberge du Pont, sein Vater übernahm das Lokal, und nach einigen Lehrjahren ausserhalb stieg Paul Bocuse mit 28 Jahren in das Restaurant ein.
Trüffelsuppe für den Präsidenten
Bereits vier Jahre später bekam er den ersten Michelin-Stern, 1961 wurde er mit dem Handwerksorden «Bester Arbeiter Frankreichs» geehrt. Als der damalige Staatschef Valéry Giscard d'Estaing ihn 1975 in die französische Ehrenlegion aufnahm, kochte Bocuse im Elyséepalast auf. Die für den Präsidenten kreierte Trüffelsuppe steht bis heute auf Bocuses Speisekarte, als «Soupe aux Truffes V.G.E.» wurde sie weltbekannt.
Zur gleichen Zeit, Mitte der 70er Jahre, erschien in Deutschland und anderen Ländern Bocuses Buch «Die neue Küche» - eine Küche, die auf erstklassige, frische Zutaten und beste Zubereitung setzte, während die Hausfrauen gerade Konserven und Tiefkühlkost für sich entdeckt hatten.
Angeblich geht die «Nouvelle Cuisine» auf den Jungfernflug des französischen Überschallflugzeugs Concorde zurück: Für den Start 1969 hatten Bocuse und einige weitere namhafte Köche das Menü zusammengestellt.
Drei Frauen
«Gute Zutaten, hervorragende Mitarbeiter und eine Frau, die zuhause in Collonges bleibt», das sei das Geheimnis seines Erfolges, sagte Bocuse einmal. Damit meinte er wohl seine Ehefrau - denn der Spitzenkoch lebt seit Jahrzehnten mit drei Frauen, in drei getrennten Haushalten.
Mit seiner Ehefrau Raymonde, die er als junger Mann heiratete und mit der er eine Tochter hat, führt er bis heute sein Restaurant. Mit einer Lebensgefährtin hat er Sohn Jérôme, der das Bocusesche Reich in den USA regiert. Einer dritten Gespielin ist er auf seine Art ebenfalls treu.
Wenn er zusammenrechne, wie viel Zeit er mit den drei Frauen verbracht habe, komme er auf 145 Jahre als Paar, rechnet der berühmte Franzose vor, der sogar als Wachsfigur im Pariser Musée Grévin ausgestellt ist. Auch wenn das «nicht jedermanns Vorstellung vom Eheleben» sei, wie er vermutet - «sie sind alle glücklich, mit mir und unter sich».
Eigene Hotel- und Kochschule
In den 80er Jahren gründete Bocuse in Ecully in der Nähe von Lyon seine eigene Hotel- und Kochschule, in der jährlich dutzende Köche aus aller Welt ausgebildet werden. Für den Franzosen ist die Weitergabe seines Wissens eine Pflicht, wie er selber sagt. «Wir sind keine Künstler, sondern Handwerker.»
Auch der Österreicher Eckart Witzigmann, der in den 70er Jahren durch seine Münchener Sterne-Restaurants Tantris und Aubergine bekannt wurde, hat bei Bocuse gelernt. Und der Südtiroler Sternekoch Heinz Winkler, der das Tantris von Witzigmann übernahm, war ebenfalls ein Schüler von Bocuse.
Der «Jahrhundertkoch», wie der Gastronomieführer «Gault-Millau» den Franzosen nennt, wäre nicht in aller Welt bekannt, hätte er nicht auch einen Sinn für Selbstdarstellung und sein Geschäft.
Schon 1979 verkaufte er Champagner und Stopfleber unter seinem Namen nach Japan, über das Internet vertreiben seine Mitarbeiter heute Espressotassen, Korkenzieher und Geschirrtücher mit dem Konterfei oder zumindest dem Logo von «Monsieur Paul».
Zum Valentinstag am Montag bietet die Auberge du Pont de Collonges ein Menü für 180 Euro an. Ohne die passenden Weine, versteht sich.
SDA/pbe
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