Film-Highlights der Woche«Je suis noires» gibt schwarzen Schweizerinnen das Wort
In «The Fabelmans» erzählt Steven Spielberg von einem Jungen, der Regisseur werden will, und «65» bietet Zeitreise-Action mit Dinosauriern.

Je suis noires
Dokumentarfilm von Rachel M’Bon und Juliana Fanjul, CH 2022, 52 Min.
Rachel M’Bon wuchs in der Schweiz auf, die Mutter eine Deutschschweizerin, der Vater Kongolese. Als Kind schämte sie sich für ihn, wie sie in ihrem Dokumentarfilm erzählt. Einmal liess sie ihn einfach links stehen, als er sie von der Schule abholen wollte. Jahrelang versuchte sie, ihr afrikanisches Erbe zu verbergen, so gut es ging.
Nach dem Tod des Vaters setzte sie sich neu mit ihren Wurzeln und der Heimat auseinander und hatte die Idee zu diesem Film. Ausgehend von ihren eigenen Erfahrungen porträtiert sie schwarze Frauen aus der Schweiz. Eine Bankerin etwa schildert, dass sie in der Kindheit vor dem Einschlafen immer dafür gebetet habe, «dass ich als Weisse aufstehe».
Oder da sagt eine Psychiaterin, sie und ihr kleiner Sohn wären wiederholt angeschaut worden, «als kämen wir vom Mond». Ständig hätten wildfremde Leute dem Kleinen in die Haare gefasst. Überhaupt geht es immer wieder um die Haare. Die Frauen haben ihre geglättet oder unter Perücken versteckt, um weniger aufzufallen, haben sich anhören müssen, ihre Frisuren seien nicht professionell. Zwar kommt die Dreadlock-Diskussion vom letzten Sommer in «Je suis noires» nicht explizit vor, aber der Film eröffnet eine Perspektive auf das Thema, die damals zu kurz gekommen ist.
Die «Black Lives Matter»-Bewegung hingegen spielt eine entscheidende Rolle, und sie führt zur ermutigenden Erkenntnis, dass besonders die junge Generation sich mit dem Mythos der Schweizer Idylle nicht mehr zufriedengibt. (ggs)
Do 9.3.–Mi 15.3., Xenix
Do 9.3., 20.15 Uhr, Premiere in Anwesenheit von Rachel M’Bon
The Fabelmans
Adoleszenz-Drama von Steven Spielberg, USA 2023, 151 min.
Der kleine Sammy fürchtet sich vor seinem ersten Kinobesuch: dunkler Raum, riesige Leinwand! Sein Vater Burt (Paul Dano) erklärt ihm, wie das Kino-Bild funktioniert. Aber erst die Mutter Mitzi (Michelle Williams) kann ihn beruhigen: «Filme sind Träume, die man nie mehr vergisst!»
Steven Spielberg, der hier grösstenteils seine eigene Familiengeschichte erzählt, legt in der allerersten Szene die Gegensätze von Rationalität und Kunst an, unter denen Sammy aufwachsen wird. Er möchte Filmregisseur werden, was der Ingenieur Burt für eine Phase hält, die sensible Mitzi aber unterstützt.
Die Familie zieht mehrmals um, Sam wird als Jude beschimpft, er küsst eine Mitschülerin: Das Drama der amerikanischen Jugend ist wirklich nichts Neues, aber Spielberg inszeniert so wunderbar leicht und elegant, dass man ewig zuschauen könnte. Eine (verspielte) Feier des filmischen Erzählens – da sind Spielberg und sein Team auf der Höhe der Kunst. (blu)
Abaton, Arena, Arthouse Alba, Corso, Houdini
65
Science-Fiction-Action von Scott Beck und Bryan Woods, USA 2023, 84 Min.
Quizfrage: Was ist vor 65 Millionen Jahren passiert? Genau, ein Asteroid schlug auf der Erde ein. Bislang nicht gewusst haben wir, dass es den Raumschiffpiloten Mills (Adam Driver) in diese Zeit katapultierte, sodass er auf der Erde bruchlandete und sich in der Folge gegen Dinosaurier, Treibsand und eklige Insekten behaupten musste.
An seiner Seite: Koa (Ariana Greenblatt), die einzige andere Überlebende und für Mills so etwas wie eine Ersatztochter; die eigene musste er auf seinem Planeten zurücklassen.
Klar, das ist eine alberne Sache von den «A Quiet Place»-Machern – aber auch ein so knapper wie effektiver Adventure-Spass, wie es ihn früher viel öfter im Kino gab. (blu)
Abaton, Arena, Metropol
Joyland
Liebesfilm von Saim Sadiq, PK 2022, 126 Min.
Ein Liebesdrama aus der pakistanischen Millionenstadt Lahore: Haider (Ali Junejo) findet endlich einen Job, allerdings als Backgroundtänzer in einem Theater für erotische Tanzvorführungen. Und obwohl er verheiratet ist, verliebt er sich in seine Chefin, die trans Frau Biba (Alina Khan). Diese Geschichte erzählt «Joyland» mit viel Feingefühl und kräftigen Farben. Vergangenes Jahr gabs dafür die Queer Palm an den Filmfestspielen in Cannes. In Pakistan löste der Film allerdings einen Skandal aus und erhielt teils ein Aufführverbot. (ggs)
Arthouse Movie
The Mandalorian
Science-Fiction-Serie von Jon Favreau, USA 2019–2023, 3 Staffeln
Zum Finale der zweiten «Mandalorian»-Staffel wurde der kosmische Hilferuf des kleinen Grogu erhört, Luke Skywalker persönlich schwebte ein, nahm das grüne Knitterwesen an sich und flog mit ihm davon. Solche Momente sind es, die der Disney-getriebenen Expansion von «Star Wars» Sinn verleihen, sie zeigen aber auch das Dilemma darin: Selbst die schönsten Höhepunkte dürfen keine Schlusspunkte sein, es muss weitergehen. Weshalb die Serienmacher Jon Favreau und Dave Filoni zwischenzeitlich auch schon klargestellt haben, dass Grogu und sein Beschützer Mando (Pedro Pascal) keineswegs dauerhaft getrennt wurden. So reisen sie also wieder zusammen am Anfang von Staffel drei. (SZ)
Auf Disney+
Branded to Kill
Yakuza-Thriller von Seijun Suzuki, Jap 1967, 92 Min.
Goro (Joe Shishido) ist der drittbeste Profikiller Japans. Da verbockt er einen Auftrag, weil sich ein Schmetterling genau im falschen Moment vor das Fernrohr seines Gewehrs setzt. Goro findet sich selbst auf der Abschussliste der Yakuza wieder, und der erstplatzierte Killer trachtet ihm nach dem Leben. «Branded to Kill» ist eine Parodie auf den japanischen Gangsterfilm, extrem exzentrisch und voller genialer Bilder. Doch Regisseur Guryu Hachiro brachte er seinerzeit die Kündigung ein, denn das Studio hatte genug von seinen Filmen, «die keinen Sinn ergeben und kein Geld machen». (ggs)
Mo 13.3., Di 28.3., Filmpodium
Deadly Prey
Actionfilm von David A. Prior, USA 1987, 88 Min.
Die Berner Kultmoviegang bringt eine Rambo-Kopie nach Zürich, die ebenso schlecht wie unterhaltsam ist: Aus Trainingsgründen entführt eine Söldnertruppe Menschen, um sie im Wald zu jagen und zu töten. Ihr jüngstes Opfer ist Mike Danton (Ted Prior). Der Vietnamveteran weiss sich allerdings zu wehren und schaltet die Söldner der Reihe nach aus. Und das, obwohl er nichts als Jeans-Shorts trägt. (ggs)
Fr 10.3., 21 Uhr, Arthouse Uto
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