Jesse Jackson und der 1700-Milliarden-Vorschlag
US-Multis bunkern riesige Geldmengen im Ausland – aus Steuergründen. Politiker Jesse Jackson will die Milliarden mit einem Deal ins eigene Land zurückholen – und für einen «neuen Marshallplan» verwenden.

Apple ist nicht nur das wertvollste Unternehmen an den Börsen, es generiert auch einen Geldstrom, den es gar nicht mehr sinnvoll investieren kann. Inzwischen haben die Erben von Steve Jobs 137 Milliarden Dollar auf der Bank. Das weckt Begehrlichkeiten. Doch zunächst gilt es, die Frage zu klären: Warum sitzt die Firma überhaupt auf einem derart riesigen Haufen Bargeld?
Apple ist ein extremer, aber kein Einzelfall. In meinem zusammen mit Werner Vontobel verfassten Buch «Reiche Multis, arme Bürger» zeigen wir auf, wie multinationale Konzerne übermässig von der Globalisierung profitieren. Sie können gleichzeitig Arbeitnehmer und nationale Steuerbehörden unter Druck setzen und damit ihre Gewinnmarge ausdehnen. Das hat zur Folge, dass die Multis den normalen Verlauf einer Volkswirtschaft auf den Kopf stellen: Unternehmen sind nicht mehr auf Spargelder angewiesen, weil sie selbst im Cash ertrinken. Die Banken müssen stattdessen den Konsum finanzieren, um die Nachfrage zu sichern. Das ist eine sehr riskante Sache: Der Konsum wird nämlich mit Blasen finanziert. Platzen diese, dann crasht das Finanzsystem, wie dies 2008 geschehen ist.
Legale Steueroptimierung
Zurück zu Apple: Zwei Drittel seines 137-Milliarden-Schatzes hat das Unternehmen im Ausland gebunkert. Auch hier ist Steuervermeidung der Grund. Würde Apple dieses Geld repatriieren, dann müsste das Unternehmen rund einen Drittel davon dem Finanzamt abliefern. In den USA beträgt der Satz der Unternehmenssteuern 35 Prozent, international gesehen einer der höchsten Werte überhaupt. Das amerikanische Steuersystem gilt deshalb als überholt – tiefe Einkommens- und Konsumsteuern, hohe Unternehmenssteuern – und nicht mehr den Bedingungen einer globalen Wirtschaft angepasst.
Nicht nur Apple belässt daher seine Gewinne im Ausland, alle US-Multis tun dies. Insgesamt horten sie derzeit rund 1700 Milliarden Dollar offshore. Das ärgert nicht nur die Steuerbehörden, sondern auch die Aktionäre. Sie hätten sehr gerne ebenfalls einen Teil dieses Kuchens. Deshalb wird Apple unter Druck gesetzt. Der Hedgefonds Greenlight Capital will das Unternehmen gar verklagen und via Gerichte den Schlüssel zur verschlossenen Schatzkiste erzwingen.
Unkonventioneller Vorschlag eines Bürgerrechtlers
Es ist in der Tat fragwürdig, dass die Multis riesige Cash-Berge auftürmen, die sie nicht mehr investieren können. Es gäbe sinnvollere Verwendungsmöglichkeiten – höhere Löhne beispielsweise, die die schwindende Nachfrage ankurbeln würden. Eine andere Option stammt ausgerechnet vom in die Jahre gekommenen Aktivisten der Schwarzen in den USA, von Reverend Jesse Jackson. Sein Vorschlag lautet wie folgt:
Anstatt dass sich Steuerbehörden und Multis einen sinnlosen Grabenkrieg liefern, könnte man auch einen sinnvollen Deal abschliessen. Die Multis verwenden einen Teil des 1,7-Billionen-Dollar-Schatzes, um damit einheimische KMU zu finanzieren. Die kleineren und mittleren Betriebe haben nämlich zu wenig Geld und müssen dafür erst noch zu hohe Zinsen bezahlen. Deshalb schlägt Jackson vor, dass die Multis ihren Auslandschatz steuerfrei nach Hause schaffen können, wenn sie damit zumindest teilweise die KMU mit billigem Geld versorgen. Um dies zu ermöglichen, schlägt er die Schaffung einer Entwicklungsbank vor. «Die Innenstädte werden nicht mehr mit normalen Krediten zu sanieren sein», stellt der Reverend fest. «Wir brauchen langfristige Kredite mit tiefen Zinsen, um unsere Infrastruktur wieder auf Vordermann zu bringen und etwas zu bewegen.» Jesse Jacksons Vorschlag ist bestechend und einleuchtend. In den USA wird der Vorschlag, der auch von Ex-Präsident Bill Clinton unterstützt wird, als «neuer Marshallplan» debattiert.
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