Jetzt geht es vorwärts mit den Schweizer Bombern
Verteidigungsminister Guy Parmelin will die F/A-18-Jets zu Erdkämpfern aufrüsten. Und das so schnell, dass selbst Kenner überrascht sind.

Noch vor zweieinhalb Monaten sprach das Verteidigungsdepartement (VBS) über seine Kampfjets vor allem im Konjunktiv. Dass das VBS die F/A-18 modernisieren will, war zwar bereits am 18. November 2016 klar, als die «Expertengruppe Neues Kampfflugzeug» ihren viel beachteten Zwischenbericht präsentierte. Doch damals konnten die VBS-Experten noch nicht sagen, wie rasch sich diese Nutzungsdauerverlängerung realisieren lässt. Sogar erst als «Möglichkeit» gehandelt wurde damals die Option, die F/A-18 zum Kampfbomber aufzurüsten.
Doch jetzt wechselt das VBS vom Konjunktiv in den Indikativ Präsens. Guy Parmelin (SVP) drückt aufs Tempo. Noch in diesem Jahr will der Verteidigungsminister die Modernisierung der F/A-18 und auch ihre Aufrüstung zum Erdkampf durchs Parlament bringen. Bereits im Februar soll er dem Gesamtbundesrat die Armeebotschaft 2017 unterbreiten. Sie sieht Rüstungskäufe für 990 Millionen Franken vor. Davon verschlingt die Luftwaffe den Löwenanteil. Fest steht nun auch, dass die Beschaffung neuer Kampfflugzeuge definitiv anläuft. Parmelin beantragt dafür einen Evaluationskredit von 10 Millionen Franken. Ziel ist, dass diese Flugzeuge der neuen Generation zwischen 2025 und 2030 geliefert werden.
Planung unter Hochdruck
Kenner sind überrascht, dass das Rüstungsprogramm 2017 Investitionen von fast einer Milliarde Franken vorsieht. Ursprünglich sollte mit der Armeebotschaft 2017 für rund 700 Millionen das Raketensystem Bodluv beschafft werden. Nachdem Parmelin Bodluv im März 2016 abgebrochen hatte, drohte für 2017 eine Investitionslücke. Nun ist es den Rüstungsplanern unter Hochdruck gelungen, ein anderes Grossprojekt frühzeitig zur Beschaffungsreife zu bringen: die Nutzungsverlängerung der F/A-18, die erst für 2018 vorgesehen war.
Die 30 F/A-18 sollen für 490 Millionen Franken saniert und modernisiert werden. Damit soll ihre Ausserdienststellung um mindestens fünf Jahre hinausgezögert werden. Statt bereits etwa im Jahr 2025 soll das Gros der Flugzeuge nach 2030 ausgemustert werden.
Zudem will das VBS tatsächlich die Aufrüstung der F/A-18 zum Erdkämpfer forcieren. Seit der Ausserdienststellung des Hunters im Jahr 1994 ist die Luftwaffe nicht mehr in der Lage, Bodenziele anzugreifen. Nun sollen die Kampfpiloten notfalls wieder Bomben einsetzen können — nicht klassische Freifallbomben, sondern moderne Luft-Boden-Lenkwaffen. Noch im November wurde die Wiedererlangung dieser Erdkampffähigkeit vom Preis abhängig gemacht. Dafür müsse man von der Herstellerfirma erst noch «zusätzliche Preisinformationen» erhalten, hiess es damals. Diese Informationen liegen inzwischen vor. Gemäss zuverlässigen Angaben macht die Erdkampffähigkeit rund 20 Millionen der Gesamtinvestitionen aus, also rund 4 Prozent der 490 Millionen.
Für dieses Geld lassen sich nicht 30 Flugzeuge zum Erdkämpfer umbauen. Das VBS plant ein etappenweises Vorgehen: Vorerst will es nur eine beschränkte Anzahl Flugzeuge ausrüsten und nur einen Teil der Piloten ausbilden. Auch soll vor allem Übungsmunition und bloss ein Minimalbestand von Kriegsmunition angeschafft werden. Die Rede ist von einer tiefen zweistelligen Zahl von scharfen Lenkbomben.
Sinnvoll ist diese Investition nur, wenn auch der neue Kampfjet erdkampffähig sein wird. Das bedeutet, dass das Parlament mit der Nutzungsverlängerung der F/A-18 gleichzeitig auch einen Vorentscheid im Hinblick auf das künftige neue Kampfflugzeug fällt.
Bomben gegen Brücken
Als Redaktion Tamedia im November 2016 über die Erdkampfpläne des VBS berichtete, reagierten Sicherheitsexperten kritisch. Bruno Lezzi, der Generalstabsoberst a. D., meinte, ihm sei «schleierhaft», für welche Szenarien die Schweiz Erdkampfflugzeuge brauche. Solche Einwände werden von Experten im Umfeld der Luftwaffe jetzt mit dem Hinweis gekontert, es gehe darum, die Handlungsfähigkeit der Schweiz für alle Eventualitäten zu wahren. Derzeit wolle man bloss Know-how wiedererlangen. Später könne man — je nach sicherheitspolitischer Entwicklung in Europa — darauf aufbauen. Klar sei jedenfalls, dass Kampfbomber nur im Verteidigungsfall zum Einsatz kämen.
Für die Erdkampffähigkeit spricht für diese Experten die Tatsache, dass die Armee kaum operative Feuerkraft hat. Die mechanisierte Artillerie schiesst nur gut 20 Kilometer weit, über Raketenartillerie hat die Schweiz nie verfügt. Zudem wurde mit den letzten Armeereformen das Gros der eingebunkerten Zwillingsminenwerfer eingemottet. Statt im Invasionsfall wie ursprünglich geplant wichtige Brücken zu sprengen, sehen mögliche Einsatzszenarien vor, dass künftig Kampfjets Truppen stoppen, indem sie Brücken mit Lenkwaffen zerstören.
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