Jetzt hagelt es Kritik an den Medien
Nach dem Freispruch von Jörg Kachelmann wird Kritik an den Medien laut. Politiker fordern gar eine Beschränkung der Berichterstattung von Prozessen. Die grösste Panne leistete sich aber das Gericht in Mannheim.
Nach dem Freispruch für Jörg Kachelmann hat es Kritik an Medien, Staatsanwaltschaft und Verteidigung gehagelt wegen einer ausufernden Berichterstattung und der Weitergabe von Informationen. Gleichzeitig leistete sich ausgerechnet das Gericht einen peinlichen Fauxpas.
In einer Medienmitteilung veröffentlichte das Landgericht Mannheim den Namen der Ex-Geliebten in dem Vergewaltigungsprozess. Auch im Internet war der Name der Nebenklägerin zu lesen. «Das war ein Versehen, das wir kurz darauf korrigiert haben», sagte ein Sprecher des Gerichts.
Während des Prozesses hatte sich das Gericht sehr um den Schutz der Privatsphäre bemüht und die Öffentlichkeit über weite Teile des Verfahrens ausgeschlossen. Die Frau hatte Kachelmann beschuldigt, sie vergewaltigt zu haben.
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Am Tag nach dem Freispruch für den Schweizer Wettermoderator hielten sich alle Prozessbeteiligten bedeckt: Die Staatsanwaltschaft hat noch nicht darüber entschieden, ob sie – zumindest pro forma – Revision einlegen will. Dies gilt allerdings als wahrscheinlich, da die Kammer nur dann verpflichtet ist, eine ausführliche Urteilsbegründung zu schreiben.
Der Anwalt der Nebenklägerin wollte sich überhaupt nicht mehr zu Journalisten äussern. Kachelmanns Verteidiger Johann Schwenn und Andrea Combé waren nicht für Stellungnahmen erreichbar.
Auch das baden-württembergische Justizministerium gab keine Stellungnahme zur umstrittenen Rolle der Mannheimer Staatsanwaltschaft in dem Prozess ab. Es gelte der Grundsatz der Unabhängigkeit der Justiz, hiess es. Die Anklage hat ebenso wie die Verteidigung offensichtlich vor und während des Prozesses Material und Informationen an Medien weitergegeben.
Kritik an Pressefreiheit
Derweil entbrannte in Deutschland ein Streit über mögliche Beschränkungen bei der Prozessberichterstattung. Befürworter wollen damit mutmassliche Opfer von Sexualdelikten besser schützen.
Der Vorsitzende des Rechtsausschusses im Bundestag, Siegfried Kauder, forderte, eine Beschränkung der Berichterstattung über Vergewaltigungsprozesse. «Es darf nicht sein, dass die Intimsphäre der Betroffenen bis in den letzten Winkel in aller Öffentlichkeit ausgebreitet wird, sagte der CDU-Politiker der «Neuen Osnabrücker Zeitung».
Die Medien müssten verpflichtet werden, nicht über Aussagen zu berichten, die vor Gericht unter Ausschluss der Öffentlichkeit gemacht würden. Kauder schlug vor, strengere Auflagen für die Berichterstattung über Sexualdelikte notfalls gesetzlich zu regeln, «soweit die Medien sich nicht zu einer überzeugenden Selbstverpflichtung bereiterklären».
Journalisten-Verband wehrt sich
Dies lehnt der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) kategorisch ab. Der Pressekodex des Deutschen Presserates ziehe hier schon eindeutige Grenzen, sagte Michael Konken vom DJV. «Der Schutz der Privatsphäre von Opfern wie auch von Zeugen hat Vorrang vor der Berichterstattung», sagte er.
«Diese Selbstverpflichtung der Medien macht gesetzliche Regelungen überflüssig. Rechtspolitiker sollten sich erst mit der Sachlage vertraut machen, bevor sie die Pressefreiheit in Teilen zur Disposition stellen», so Konken weiter.
Ausserdem sei es verfassungswidrig, die Berichterstattung per Gesetz einzuschränken. Auch der FDP-Rechtspolitiker Hartfrid Wolff nannte Kauders Vorschlag «absurd».
SDA/kpn
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