Jetzt kämpfen die Eishockey-Clubs wie nie zuvor
Als Corona kam, ging es dem Eishockey trotz Kostenexplosion gut wie nie. Aber was, wenn die Einnahmen wegbrechen? Übersicht einer Grossbaustelle.

Die Clubs
Der Blick zurück zeigt eine andere Welt. Sechs Monate ist es nur her, da konnte man ohne Hintergedanken lesen, dass die höchste Liga fieberhaft am Bauen sei. Über eine halbe Milliarde Franken kosten die Stadionprojekte in Lausanne, Freiburg, Zürich, Davos und Ambri. Die Clubs hofften, die explodierenden Kosten im Sport durch Mehreinnahmen beim Publikum zu kompensieren – dank eigener Gastronomie und Events. Mit Corona sehen wir die Kehrseite dieses Konzepts: Ohne Publikum wird auch die Gastronomie zu einem weiteren Kostentreiber.
Nicht wenige Clubs aus den höchsten Ligen dürften darum die vom Bund versprochenen zinslosen Darlehen bald in Anspruch nehmen. Der wirtschaftliche Gesamtschaden kann nur geschätzt werden: Er dürfte allein in der National League zweistellige Millionenhöhe erreichen. Kurzarbeit im Gastrobereich wie auf der Geschäftsstelle hilft den Clubs zwar bei der Schadensbegrenzung.
Doch das Sparpotenzial ist vergleichsweise gering. Ändern könnte sich das, falls der Bund die Kurzarbeitsentschädigung auf befristete Arbeitsverhältnisse ausdehnt, wie er das prüft. Darunter fiele auch der grösste Kostenblock: die Profis der ersten Mannschaft.
Vergleichen lassen sich die Situationen der einzelnen Clubs ansonsten schlecht. Existenziell dürfte es dank Mäzenen und Reserven für die wenigsten werden – auch wenn bei Ambri der Überlebenskampf schon in normalen Jahren zur DNA gehört. Das grösste Fragezeichen ist Lausanne, wo die Mannschaft teuer ist und die Besitzverhältnisse schleierhaft sind.
Das Publikum
Die nächste Unbekannte sind die Fans. Bezahlen sie im Sommer, wenn bei den Clubs die Cashreserven am tiefsten sind, wie immer ihre Saisonkarte – oder warten sie ab? Und kehren alle danach zurück? Keine Nebensächlichkeit für eine Liga, die bei Zuschauerschnitt und Stadionauslastung wenig Luft nach oben hat und diese Saison zwei Millionen Tickets verkaufte.
Der TV-Vertrag
Im Vordergrund versucht der Kabelnetzbetreiber UPC, der für die Rechte an den beiden höchsten Ligen gut 30 Millionen Franken pro Jahr zahlt, das Beste aus der Situation zu machen. Sein Sportsender Mysports zeigte am Samstag statt Playoff-Eishockey, wie Programmleiterin Steffi Buchli Paddle-Tennis mit den Coaches des EV Zug spielte – Abklatschen und Umarmen inklusive.
Im Hintergrund aber arbeiten die Juristen: Denn für sein Geld erhielt UPC nicht die vertraglich vereinbarten Leistungen von Swiss Ice Hockey – wenigstens die ersten drei Playoff-Runden hätten an den meisten Standorten gespielt werden können, einfach ohne Publikum. Die Sache ist delikat und könnte sich hinziehen. Denn verderben will man es sich ja auch nicht mit dem Sender, der die National League so gut in Szene setzt und jedem Club allein 2019/20 1,8 Millionen Franken einbringt. 2022 läuft der Vertrag aus, ein Mitbieter ist nicht in Sicht. Dass UPC Schweiz zum Verkauf steht, macht die Verhandlungen kaum leichter.
Die Partner und Sponsoren
Der TV-Vertrag mag die grösste Geldquelle der Clubs sein. Doch nicht unbedingt die wichtigste. All die grossen und kleinen, regionalen und lokalen Firmen und Gönner, die sich nicht selten über Jahrzehnte engagieren, sind im Alltag ungleich wichtiger. Fürs Networking wie für die Jahresrechnung. Wie reagieren diese Partner auf die wirtschaftliche Realität nach Corona? Wie viele sich ihr Engagement dann weiter leisten, wird zur Schlüsselfrage. Dass der Vertrag von Swiss Ice Hockey und Hauptpartner Postfinance 2022 ausläuft, sei ebenfalls bemerkt.
Der Modus
Klotens Aufstiegsantrag wurde am Freitag abgeschmettert. Aber es gibt auch in anderen Clubs Stimmen, die sich Änderungen in der National League wünschen. So könnte die Idee, mittels Abschaffung des Abstiegs endlich die Personalkosten in den Griff zu bekommen, durch Corona durchaus Auftrieb erhalten. Der Puck ruht. Doch die Clubs kämpfen wie nie zuvor.
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