Jetzt zählt im Job-Interview auch die emotionale Intelligenz
Wie reagiert der Mitarbeiter oder Bewerber auf Wut, Angst und Schadenfreude? Schweizer Firmen testen dies nun mit einem wissenschaftlichen Fragebogen.

EQ ist der neue IQ: Galt traditionell der Intelligenzquotient als Gradmesser für die Fähigkeiten einer Person, fand zuletzt ein Umdenken statt. Die sogenannte emotionale Intelligenz (EQ) wird auch im Berufsumfeld als immer wichtiger gewertet. Vor allem bei Einstellungsgesprächen und in der Personalentwicklung ist dies relevant.
Zählten bei Kandidaten für einen Job bislang vor allem die fachlichen Fähigkeiten, ihr Hintergrund und die Frage, ob die Person nett und umgänglich ist, werden nun immer häufiger auch ihre emotionalen Fähigkeiten bewertet.
Denn nur weil eine Person einen guten Lebenslauf oder ein überzeugendes Auftreten hat, bedeutet nicht, dass sie kompetent als Chef oder Kollege im Team sein wird. Besonders in Rollen, die ein hohes Mass an sozialer Interaktion beinhalten, ist dies essenziell.
Zu Hause anders als im Büro
Emotionale Intelligenz zeichnet sich dadurch aus, dass eine Person ihre Emotionen wahrnehmen, anerkennen, regulieren und beeinflussen kann. Die Uni Bern und die Uni Genf haben anhand dieser Kriterien einen standardisierten Test entwickelt, der diese Kompetenzen misst. Der Geneva Emotional Competence Test (Geco) wird sowohl in der Forschung als auch in Unternehmen eingesetzt.
Erste grosse Schweizer Firmen sowie auch Karriere-Coaches nutzten diesen bereits, bestätigt Marcello Mortillaro, Forscher an der Universität Genf, der den Test mitentwickelt hat.
«Jemand kann sich bei der Arbeit komplett anders verhalten, als zu Hause. Sie können in einem Umfeld autoritär und im anderen unterwürfig sein», sagt er. Darum sei es so wichtig gewesen, einen EQ-Test nur für die Berufswelt zu entwickeln. Dieser biete Einzelpersonen und Organisationen eine wissenschaftliche Grundlage, die beim Einstellungsprozess oder der Mitarbeiterentwicklung helfen könne.
Kundendienst verbessern
Bei der Entwicklung des Tests habe man sich auf problematische Situationen konzentriert, die negative Emotionen hervorriefen, wie Angst, Traurigkeit, Wut oder Schadenfreude, sagt Katja Schlegel, Forscherin am Institut für Psychologie der Universität Bern. Die Resultate des Testverfahrens seien mit weiteren Tests validiert worden und seien sehr überzeugend, ergänzt Mortillaro. Je mehr emotionale Intelligenz man habe, desto besser seien die Resultate, die jemand im Berufsleben erziele.
Ein Bereich, in dem der Test in Unternehmen oft eingesetzt werde, sei der Kundendienst. Hier sind Mitarbeiter oft mit schwierigen Situationen und Kunden konfrontiert. «Wenn eine Firma über längere Zeit schlechte Bewertungen für ihren Kundendienst erhält, könnte sie mit dem Test herausfinden, ob ihre Mitarbeiter die richtigen Fähigkeiten für den Job haben», sagt Mortillaro.
Basierend auf den Resultaten, könnte das Unternehmen Mitarbeiter in andere Bereiche verschieben oder ihnen helfen, die nötigen Fähigkeiten im Bereich der emotionalen Intelligenz auszubilden und zu verbessern, so Mortillaro.
Menschen mit hohem EQ verdienen besser
An seinem EQ zu arbeiten, sei durchaus möglich: Die Forscher testeten den Geco-Test an Personen im Alter zwischen 20 und 60 Jahren. Dies habe gezeigt, dass sich die emotionale Intelligenz mit zunehmendem Alter und zunehmender Erfahrung verbesserte. Ausserdem hätten Frauen im Test bessere Resultate als Männer erhalten, besonders wenn es darum ging, nonverbale emotionale Äusserungen zu interpretieren.
An seinem EQ zu arbeiten, zahlt sich aus. Die Forscher fanden heraus, dass Menschen, die ihre Emotionen besser regulieren können, tendenziell mehr verdienten. Auch auf den Rest des Lebens habe dies einen positiven Einfluss, sagt Mortillaro: «Menschen mit höheren EQ sind zufriedener mit ihrem Leben – sowohl beruflich wie auch persönlich.»
EQ gehe Hand in Hand mit mehr Empathie, Offenheit anderen gegenüber, Respekt für moralische Regeln und einem positiven Naturell.
Dieser Artikel wurde automatisch aus unserem alten Redaktionssystem auf unsere neue Website importiert. Falls Sie auf Darstellungsfehler stossen, bitten wir um Verständnis und einen Hinweis: community-feedback@tamedia.ch