Käserollen und Drogenkrieg in Whistler
Krimi der Woche: Im kanadischen Olympia-Städtchen Whistler ist die Hölle los: Im witzigen Thiller «Shootout» von Dietrich Kalteis bekämpfen sich Drogen-Gangs mit aller Härte.

Der erste Satz
Der Hummer fuhr von der Port Mann Bridge auf den Highway One in Richtung East Hastings, Bumpy Roscoes Revier.
Das Buch
Whistler – Sie erinnern sich sicher: 2010 bretterten hier die alpinen Olympioniken die Hänge runter. Im Krimi «Shootout» von Dietrich Kalteis liegt «Schnee» höchstens zum Reinziehen auf Spiegeln. Die Hänge sind grün, und es wird gerade das alljährliche Käserollen vorbereitet, als ein Drogenkrieg wie ein Tsunami über den kanadischen Wintersportort hereinbricht.
Dabei ist es bisher in Whistler ziemlich beschaulich zu- und hergegangen. Grey Stevens, ein entspannter und umgänglicher Gras-Anbauer, versorgt die lokalen Kiffer mit erstklassigem Stoff. Doch nun sollen in der Kleinstadt am Berg Casinos gebaut werden, und das Kaff wird für die Gangsterbosse im nahen Vancouver interessant. Gleich zwei schon in einem mörderischen Konkurrenzkampf stehende Gangs wollen sich diesen Markt nun unter den Nagel reissen. Der Abgesandte von Bumpy Roscoe hat nicht nur das Problem mit der konkurrierenden Inder-Bande, sondern muss auch noch dem kreuzdummen Mafiabosssohn Nick Roscoe auf die Finger schauen – und hinter ihm die Leichen wegräumen.
Es geht zunehmend brutaler zur Sache im Drogenkrieg in Whistler. Zuerst verschwindet einer von Stevens' Kleindealern, dann ein Polizist, es gibt eine Schiesserei von mittlerem Bürgerkriegsausmass in einem Ferienchalet, Überfälle auf Drogentransporte, Morde auf offener Strasse und wilde Verfolgungsjagden. Stevens entkommt zusammen mit dem Punk-Girl, das mit Nick Roscoe nach Whistler gekommen ist, diesen aber sogleich abserviert hat, den Indern nur dank einigen viel zu früh den Hang runtergerollten Käselaiben.
Dietrich Kalteis, ein ehemaliger Werbegrafiker, der erst mit 60 seinen ersten Roman veröffentlichte, schildert die stetig eskalierende Geschichte hart, schnell und spannend, gleichzeitig aber auch höchst witzig. Auch in den gröbsten Auseinandersetzungen zeigt er immer Sinn für Situationskomik, ohne dabei aber in simple Blödeleien oder ins Seichte abzugleiten. Er versteht es zudem, seine Protagonisten sehr einfühlsam zu zeichnen. Neben Stevens und seiner neuen Freundin ist da Roscoes Abgesandter, der sich lieber mit einer neuen Bekanntschaft vergnügt, als hinter dem Sohnemann den Ausputzer zu machen. Zum sympathischen Personal gehören auch zwei Polizisten, die sich im Drogenkrieg auf Stevens' Seite schlagen. Für zusätzlichen Klamauk sorgen die Strassenmusiker und -künstler, die gleichzeitig als Detailhändler für Stevens' «Eight Mile High»-Gras unterwegs sind. Kalteis ist da eine ziemlich schräge Gangsterballade gelungen.
Die Wertung
Der Autor
Dietrich Kalteis, geboren 1954 in Köln, kam als Kind nach Kanada. Er arbeitete während mehr als 30 Jahren als Werbegrafiker in Toronto und in Vancouver, bevor er seinen alten Traum, ein Buch zu schreiben, wahr machte: 2014 erschien sein Debüt «Ride the Lightning». Inzwischen hat er fünf Bücher und rund 50 Kurzgeschichten veröffentlicht. Seine Romane werden in Kanada hoch gelobt und wurden mit mehreren Preisen ausgezeichnet. «Shootout» (Original: «The Deadbeat Club») ist die erste Übersetzung. In Kanada erscheint im September sein sechster Roman «Poughkeepsie Shuffle». Dietrich Kalteis lebt mit seiner Frau in West Vancouver, British Columbia.

Dietrich Kalteis: «Shootout» (Original: «The Deadbeat Club», ECW Press, Toronto 2015). Aus dem Englischen von Susanna Mende. Suhrkamp, Berlin 2018. 341 S., ca. 14 Fr.
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