Kampf und Wahlkampf
Die Koalition des israelischen Premiers Benjamin Netanyahu hat für April Neuwahlen ausgerufen. Kernthema der Kampagnen wird die Sicherheit des Landes sein – die auch in Syrien verteidigt wird.

Russland hat Israel vorgeworfen, bei Angriffen auf Ziele in Syrien den zivilen Luftverkehr gefährdet zu haben. «Provokative Handlungen der israelischen Luftwaffe» hätten eine «unmittelbare Gefahr» für Passagiere zweier ziviler Flugzeuge bei ihrer Landung in Damaskus und Beirut bedeutet, erklärte das russische Verteidigungsministerium am Mittwoch. Die syrische Flugabwehr habe ihre Systeme nicht mit voller Kapazität eingesetzt, um die Passagierflugzeuge nicht zu gefährden, sagte ein Sprecher des russischen Verteidigungsministeriums.
Seinen Angaben zufolge sollen 14 der 16 von den israelischen Kampflugzeugen abgefeuerten Geschosse abgefangen worden sein. Die beiden übrigen hätten ein syrisches Militärdepot getroffen, drei Soldaten seien verletzt worden. Laut einem Bericht des US-Magazins «Newsweek» soll ein Flugzeug getroffen worden sein, mit dem Kämpfer der libanesischen Hizbollah-Miliz in den Iran fliegen wollten. Mehrere Hizbollah-Mitglieder sollen verletzt worden sein.
Wie fast immer nach Berichten über Angriffe in Syrien äusserte sich die israelische Armee nicht. In den vergangenen Wochen hatte sich Israel mit Angriffen nach dem Abschuss eines russischen Militärflugzeugs im September und der nachfolgenden Aufrüstung der syrischen Luftabwehr zurückgehalten.
Indirekte Bestätigung
Premierminister Benjamin Netanyahu, der auch Verteidigungsminister ist, bestätigte jedoch indirekt die Angriffe in Syrien: Israel werde eine Ausbreitung des Iran in der Region nicht zulassen. «Wir nehmen aggressiv und mit Macht Handlungen dagegen vor, auch in diesen Tagen.» Die Entscheidung von US-Präsident Donald Trump, amerikanische Soldaten aus Syrien abzuziehen, beeinflusse Israels Politik nicht. «Wir agieren in Syrien und sonst wo auch.»
Bei den Bombardements in der Nacht zum Mittwoch sollen in der Nähe von Damaskus Waffenlager des Iran und der Hizbollah getroffen worden sein. Die Sicherheitslage Israels wird eines der bestimmenden Themen im kommenden Wahlkampf sein. Bis zum Urnengang sind es etwas mehr als hundert Tage; am 24. Dezember gab Netanyahu überraschend bekannt, dass sich die Koalitionspartner auf vorgezogene Wahlen am 9. April verständigt hätten. Gestern Abend löste sich dann das israelische Parlament, die Knesset, mit 102 zu 2 Stimmen auf.
Ex-Verteidigungsminister Yaalon will eigene Partei gründen
Eine Einigung der Koalition auf einen Modus zur Einberufung Ultraorthodoxer zum Wehrdienst war nicht in Sicht. Ausserdem steht eine Entscheidung von Generalstaatsanwalt Avichai Mandelblit über eine Anklageerhebung gegen Netanyahu in drei Fällen an. Oppositionspolitiker forderten Mandelblit auf, seine Entscheidung vor dem Urnengang bekannt zu geben.
Die Neuwahlentscheidung brachte in den vergangenen Tagen Bewegung in die israelische Politik. Die ehemalige Abgeordnete der nationalistischen Partei Unser Haus Israel, Orly Levy-Abekasis, gab die Gründung einer eigenen Partei namens Gescher bekannt. Auch Moshe Yaalon, den Netanyahu als Verteidigungsminister 2016 entlassen hatte, kündigte die Gründung einer eigenen Partei an. Er könnte aber noch ein Bündnis eingehen, denn Yaalon traf sich zuvor mit Oppositionsführerin Tzipi Livni und dem ehemaligen Ministerpräsidenten Ehud Barak.
Zu Comeback bereit
Es soll dabei um die Frage gegangen sein, ob Yaalon mit der Zionistischen Union, zu der die Arbeitspartei sowie Livnis Partei «Die Bewegung» gehört, zusammenarbeiten will.
Barak hatte nach der Neuwahlentscheidung erneut ein Bündnis angeregt und sich selbst ins Spiel gebracht. Der ehemalige Chef der Arbeitspartei erklärte, er stünde für ein Comeback zur Verfügung.
Likud auf Platz eins
Die Zionistische Union, die bei der Wahl im Jahr 2015 zweitstärkste Fraktion wurde, hat laut Umfragen nur Chancen, einen starken Wählerschwund zu verhindern, wenn sie Benny Gantz für sich gewinnen kann. Der ehemalige Armeechef hat bisher offengelassen, ob er mit einer eigenen Partei antritt, sich einem Linksbündnis anschliesst oder mit der liberalen Zukunftspartei von Yair Lapid zusammenarbeitet.
Likud liegt in allen Umfragen auf Platz eins. Sollte sich Gantz für die Zukunftspartei entscheiden, könnte dieses Bündnis knapp dahinter liegen. Netanyahu warnte in einem Gespräch mit Vertretern der Siedlerbewegung, dass eine «von Linken geführte Regierung eine starke Gefahr für Siedlungen» darstelle.
Den Parteien im Mitte-links-Spektrum werden in Umfragen jedoch Chancen auf höchstens 54 der 120 Mandate im Parlament eingeräumt. Damit dürfte es wieder eine rechte Regierung geben. Das jetzige Koalitionsbündnis, das nach dem Rückzug von Verteidigungsminister Avigdor Lieberman und dessen Partei «Unser Haus Israel» Mitte November noch aus fünf Parteien besteht, bezeichnet sich selbst als die rechteste Regierung, die Israel je hatte.
Benjamin Netanyahu, der zwischen 1996 und 1999 Premierminister war und seit 2009 in dieser Funktion amtiert, könnte sein Ziel, länger als Staatsgründer David Ben Gurion zu regieren, erreichen.
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