Kanton fordert mehr Umweltschutz von Gemüseverarbeitern
Dreckige Abwässer, vergiftete Fische: Gemüse- und Obstverarbeiter belasten die Umwelt beträchtlich.
Von Stefan Häne Zürich – Was sie verarbeiten, ist zwar gesund. Selber aber belasten viele Zürcher Gemüse- und Obstverarbeiter die Umwelt stärker, als gemeinhin angenommen. Denn Gemüse- und Salatwaschanlagen erzeugen enorme Abwassermengen. Zudem haben es die Pflanzensäfte in sich: Beim Schälen oder Schneiden von Kartoffeln, Randen oder Rüben entstehen stark zuckerhaltige Flüssigkeiten. Gelangen solche in einen Fluss, kommt es dort zu einem explosionsartigen Wachstum von Mikroorganismen, die für den Abbau des Zuckers viel Sauerstoff benötigen – Sauerstoff, der Fischen, Krebsen, Würmern und anderen Lebewesen in der Folge fehlt. In kleinen Gewässern ersticken sie sogar. Zucker, Bakterien, Schlamm Ähnliches kann auch in Kläranlagen geschehen, sobald ein Betrieb zu stark zuckerhaltiges Abwasser dorthin führt: Nachdem die Mikroorganismen den Zucker aufgezehrt haben, sterben sie ab, sinken auf den Grund, werden dort zu Schlamm und verstopfen die Anlage. Auch Rüstabfälle können Kanalisations- und Siebanlagen verstopfen. Im Extremfall kommt es aufgrund von Sauerstoffmangel zum Kollaps der biologischen Reinigungsstufe in einer Kläranlage: Es gibt keine Kleinstlebewesen mehr, die das Wasser reinigen. «Solche Szenarien werden zum Glück aber nur selten Realität», sagt Daniela Brunner, wissenschaftliche Mitarbeiterin im kantonalen Amt für Abfall, Wasser, Energie und Luft (Awel). In der Regel würden die Fälle glimpflicher verlaufen. So geschehen bei der Kellermann-Gruppe in Ellikon an der Thur. Sie stellt unter anderem frische Convenience-produkte her, Salat aus dem Beutel also. Weil in der Vergangenheit aus dem Betrieb stark organisch belastetes Abwasser in den nahen Ellikerbach gelangt ist, darunter das Fischgift Ammonium, sind im grossen Stil Fische abgewandert. Von den 2000 eingesetzten Forellen wurden beim Abfischen seit April 2007 gerade noch 63 Forellen gefangen. Das Awel hat deshalb ein Einleiteverbot verfügt. Der Betrieb leitet das Abwasser nun so lange in die Kläranlage, bis er seine Abwasserqualität verbessert hat. Kanton Zürich als Pionier Ein zweites Müsterchen: Die Getränkeabfüllanlage der Thurella AG in Eglisau. Am 17. Mai 2006 kam es dort zu einem Zwischenfall: Der Betrieb leitete unbeabsichtigt ein Meer aus Orangensaftkonzentrat in die Kläranlage Eglisau ein. Die Menge entsprach in ihrem Umfang organischen Stoffen, wie sie etwa 60 000 Einwohner an einem Tag produzieren. Die Kläranlage musste notgedrungen viel relativ unbehandeltes Abwasser in den Rhein einleiten, was den Fluss entsprechend belastete. Auf Druck des Awel musste die Thurella ebenfalls ein Sanierungsprojekt entwickeln. Mit solchen Auflagen versucht das Awel – es ist in der Baudirektion von Regierungsrat Markus Kägi (SVP) angesiedelt –, die Umweltbelastung durch die Zürcher Gemüse- und Obstverarbeiter sowie Getränkehersteller zu senken. Gestützt hat sich das Awel bislang auf die Abwassergrenzwerte, die in der kantonalen Gewässerschutzverordnung festgelegt sind. Nun soll neu ein anderer Passus vermehrt zur Anwendung kommen: Die Betriebe sind demnach verpflichtet, möglichst wenig Abwasser zu produzieren und abzuleiten sowie die Belastung durch verunreinigende Stoffe auf ein Minimum zu reduzieren. Der Leitgedanke dabei: die Umweltverschmutzung bereits am Beginn der Verursacherkette möglichst klein halten. Dies ist laut Brunner nicht nur ökologischer, sondern auch ökonomischer: «In der Ressourceneffizienz liegt riesiges Einsparpotenzial.» Mit diesem Ansatz beschreite der Kanton Zürich Pioniergelände in der Schweiz, denn die «Cleaner Production», der vorsorgende und effizienzorientierte betriebsspezifische Umweltschutz, erfolgt noch längst nicht überall. Würden sich die Betriebe dieser Sparpotenziale bewusst, so Brunner, wäre dies ein «Meilenstein im Umweltschutz». Das Awel strebt den Durchbruch der Cleaner Production in der Schweiz an. Ein wichtiger Schritt dazu soll am 23. November in Solothurn erfolgen: Das Awel und der Verband Schweizerischer Abwasser- und Gewässerschutzfachleute werden dannzumal eine Tagung zur Thematik durchführen. Ziel ist es, die involvierten Kreise an einen Tisch zu bringen und Erfahrungen auszutauschen. Wasser sparen – und Geld Als vorbildlich gilt heute schon der Gemüseverarbeiter Imhof in Hüttikon. Der Weg zum Vorzeigebetrieb war allerdings lang und von Rückschlägen geprägt. Ende 2001 verschmutzten stark schäumende und chlorhaltige Randenabwässer den Dorfbach. Heute leitet Imhof mit sogenannter Nano-Filtration vorgereinigte Abwässer wieder in die Salatwaschanlage – ein Kreislauf entsteht. «Der Dorfbach geniesst dadurch einen nachhaltigeren Schutz», sagt Awel-Fachfrau Brunner. Weitere Vorteile: Die Kläranlage hat mit weniger Abwasser aus der Blattsalatreinigung zu kämpfen. Zudem wird das Awel entlastet, weil dessen Fachleute die Abwasserwerte im Dorfbach nicht mehr kontrollieren müssen. Auch die Imhof AG profitiert, weil sie den Wasserverbrauch senken konnte und so weniger Wassergebühren zahlen muss. Ein Mitarbeiter spricht von einer Ideallösung, welche «die Umwelt schont und das Portemonnaie entlastet». Vorbildlich: Radieschenreinigung bei Imhof in Hüttikon. Foto: Nicola Pitaro Salat – geschnitten, gewaschen und eingetütet. Foto: Nicola Pitaro
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