Kanton fürchtet «unsägliches Chaos» wegen komplizierter Abstimmung
Im Sommer 2012 soll der der Kanton über das Spitalfinanzierungsgesetz abstimmen. Die Vorlage ist ein regelrechter Formtest – und der Regierungsrat befürchtet bei einer Ablehnung ein Fiasko.
Komplizierte Abstimmungsprozedere mit mehreren Haupt- und Stichfragen sind für die Zürcher Stimmberechtigten nichts Neues. Im kommenden Jahr wird ihnen erneut ein solches Prozedere zugemutet - allerdings mit dem Haken, dass sie über etwas abstimmen müssen, das es bereits gibt.
Die Steuervorlage im Mai 2011 ist vielen Zürcher Stimmberechtigen wohl noch mit gemischten Gefühlen in Erinnerung: Zu drei Hauptfragen kamen drei Stichfragen mit unzähligen Kombinationsmöglichkeiten. Der grossformatige Stimmzettel musste extra für diese Abstimmung neu gestaltet werden.
Nächstes Jahr wird den Abstimmungsunterlagen erneut ein solcher Zettel beiliegen. Voraussichtlich am 12. Juni wird über das Spitalplanungs- und -finanzierungsgesetz entschieden. Zur Auswahl stehen drei Hauptfragen und zwei Stichfragen, wie Gesundheitsdirektor Thomas Heiniger heute Donnerstag vor den Medien erklärte.
Gesetz bringt Einsparungen von 300 Millionen Franken
Das Problem dabei ist, dass das Gesetz zum Zeitpunkt der Abstimmung bereits ein halbes Jahr in Kraft sein wird. Der Kantonsrat hatte das Gesetz in seinen Grundzügen für dringlich erklärt. Es wird damit auf den 1. Januar 2012 in Kraft gesetzt.
Die Dringlichkeit wurde wegen der KVG-Revision notwendig, die dem Kanton Mehrkosten von 450 Millionen Franken pro Jahr beschert. Mit dem neuen Gesetz könnten gemäss Heiniger davon immerhin 300 Millionen pro Jahr eingespart werden. Ein Warten auf den Volksentscheid hätte den Kanton also gut 150 Millionen Franken gekostet.
Unterstützung für finanzschwache Spitäler
Die Grundform des Gesetzes war auch im Kantonsrat weitgehend unbestritten. Uneinigkeit gibt es aber bei der Feingestaltung, wie Heiniger sagte. Die Regierung und eine Minderheit des Kantonsrates wollen einen Fonds einrichten, mit dem finanzschwache Spitäler wie etwa das Kinderspital unterstützt werden.
Das Geld würde von den anderen Spitälern kommen, die zugunsten der «armen» Spitäler auf einen Teil ihrer Gewinne verzichten müssten - was vor allem bei Privatkliniken auf Kritik stösst. Die zweite Uneinigkeit besteht bei den Personal-Schutzbestimmungen, die von der Gewerkschaft VPOD per konstruktivem Referendum gefordert werden.
Der VPOD will verankert haben, dass Spitäler mit ausreichend und branchenüblichen Löhnen bezahltem Personal arbeiten müssen. Dies werde ohnehin gemacht, sagte Heiniger. Solche Bestimmungen seien im Gesetz deshalb überflüssig. Nun muss das Volk entscheiden, ob es Unterstützungsfonds und Personalschutz verankern will oder nicht.
Ein «Nein» kann ganzes Gesetz für ungültig erklären
Heinigers grösste Angst ist nun aber nicht diese Feingestaltung. «Ich könnte auch mit diesen Personalschutz-Bestimmungen leben und notgedrungen auch auf den Fonds verzichten.» Seine Befürchtung ist, dass wegen der Abstimmungstechnik «aus Versehen» das ganze Gesetz wieder abgeschafft wird.
«Wenn das Volk in den drei Hauptfragen Nein ankreuzt, entscheiden sie sich nicht gegen die Ausgestaltung des Gesetzes, sondern gegen das Gesetz an sich.» Dies sei eines der Probleme beim konstruktiven Referendum. Die Stimmbürger müssten sich klar sein, dass für die Feingestaltung die Zusatzfragen da seien.
Er befürchtet nun, dass der Stimmbürger von der Komplexität der Vorlage abgeschreckt werden könnte und aus einem Abwehrreflex heraus «alles beim Alten» lassen will - und mit seinen «Nein»-Kreuzchen das Gesetz wieder unbewusst abschafft.
Dies würde den Kanton nicht nur Millionen kosten, sondern gemäss Heiniger auch «ein unsägliches Chaos» auslösen. Die ganzen Bestimmungen, die dann bereits ein halbes Jahr in Kraft sein werden, müssten wieder rückgängig gemacht werden.
«Sogar ich als Liberaler muss in diesem Fall sagen, dass jede der drei Gesetzesvarianten besser ist als gar kein Gesetz», so Heiniger weiter. Er werde nun versuchen, die Kantonsratsfraktionen davon zu überzeugen, dass sie am 22. Januar als Abstimmungsempfehlung ebenfalls drei Mal «Ja» bei den Hauptfragen beschliessen - und damit mithelfen, den Schiffbruch des Gesetzes zu verhindern.
SDA/fsc
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