Kanton schränkt Überwachungsmethoden ein
Der Regierungsrat legt den Entwurf des neuen Sozialhilfegesetzes vor – GPS-Tracker und Tonaufnahmen sind für Detektive nicht erlaubt.

Gestern Donnerstag ist in Zürich ein gut gehütetes Geheimnis gelüftet worden: Sozialdirektor Mario Fehr (SP) hat nach jahrelanger Arbeit hinter den Kulissen den Entwurf des neuen kantonalen Sozialhilfegesetzes vorgelegt. Besonders gespannt war man, wie der bürgerlich dominierte Regierungsrat künftig die Arbeit von Sozialdetektiven regeln würde. Denn in der Vergangenheit hatten wiederholt Fälle zu reden gegeben, in denen haarsträubende Ermittlungen gegen Sozialhilfebezüger bekannt geworden waren. Tag und Nacht wurden sie von Sozialdetektiven teilweise mit Film- und Fotokameras sowie GPS-Trackern überwacht. Die Gerichte waren einhellig der Meinung, dass das geltende Sozialhilfegesetz dafür keine genügende Grundlage bilde. Dort heisst es nur, die Behörden seien berechtigt, Auskünfte von Dritten einzuholen.
Im Gesetzesentwurf hat der Regierungsrat die Regelung nun präzisiert. Detailliert beschreibt er, was bei der Observation von Sozialhilfebezügern erlaubt sein soll und was nicht. Dabei macht das kantonale Gesetz strengere Auflagen als der Bund im kürzlich verabschiedeten Gesetz zur Überwachung von Sozialversicherten. Regierungsrat Fehr meinte gestern: «Wir wollen zwar auch nicht, dass die Sozialhilfebezüger betrügen, aber die Kontrolle soll mit Augenmass geschehen.»
Keine Tonaufnahmen erlaubt
Aus diesem Grund verbietet der Entwurf des neuen Gesetzes den Einsatz von technischen Ortungsgeräten. Diese Regelung steht im Widerspruch zur Observationsverordnung der Stadt Zürich, die der Gemeinderat erst am Mittwoch genehmigt hat. Dort werden GPS-Tracker ausdrücklich erlaubt. Fehr will die GPS-Tracker ausschliesslich der Polizei als Ermittlungshilfe zur Verfügung stellen. Weiter erlaubt das kantonale Gesetz einzig Bildaufnahmen in der Überwachung von Verdächtigen, während der Bund auch Tonaufnahmen zulässt. Die Dauer einer Überwachung soll in Zürich auf maximal 20 Tage innerhalb von 3 Monaten beschränkt sein. Im Bund sind 30 Tage innert 6 Monaten vorgesehen. Zudem sollen Observationen von Sozialhilfebezügern nur von staatlichen Behörden angeordnet werden dürfen.
Fehr betonte, Gemeinden seien weiterhin frei, abweichende Regelungen festzulegen und ihren Sozialinspektoren mehr Kompetenzen zu geben, wie das Zürich eben getan hat. Allerdings müssten dann womöglich Gerichte entscheiden, ob etwa GPS-Tracker verwendet werden dürfen, wenn dies vom Bund und von der Gemeinde erlaubt, vom Kanton aber verboten werde.
Skos bleibt verbindlich
Die Arbeit von Sozialdetektiven wird in einem einzigen, wenn auch umfangreichen Paragrafen geregelt. Total umfasst der Gesetzesentwurf über 80 Paragrafen. Zentral sind dabei die Finanzierung und die Höhe der Sozialhilfe – diese will der Regierungsrat wie heute selber entscheiden können. Gemäss Fehr wird sich die Zürcher Regierung weiterhin nach den Richtlinien der Schweizerischen Konferenz für Sozialhilfe (Skos) richten. Damit könne man den Burgfrieden zwischen den Kantonen am besten aufrechterhalten. Neu organisieren will der Regierungsrat die Behörden. Die Fürsorgebehörden sollen durch Sozialbehörden abgelöst werden. Zudem müssen alle Gemeinden – im Verbund oder alleine – einen Sozialdienst führen, welcher die operativen Aufgaben in der Sozialhilfe übernimmt.
«Handbuch der Sozialindustrie»
Die SVP reagierte gestern mit Befremden. Für sie ist der Gesetzesentwurf ein «Handbuch der Sozialindustrie». Bei der Regelung von Observationen habe der Regierungsrat seinen Spielraum zu wenig ausgenützt. Für SVP-Kantonsrat Claudio Schmid, der auch die Kommission für soziale Sicherheit präsidiert, ist es sogar fraglich, ob ein solcher Paragraf nötig sei.
Die SP äusserte sich erfreut, dass der Regierungsrat an den Skos-Richtlinien festhält. Dazu lobt sie die Arbeit von Mario Fehr, der massgeblich zur Etablierung der Richtlinien in anderen Kantonen beigetragen habe. Weniger euphorisch sind die Grünen. Sie verlangen die explizite Nennung der Skos-Richtlinien im Gesetz. Dieses geht nun in die Vernehmlassung und wird im nächsten Jahr im Kantonsrat behandelt.
Dieser Artikel wurde automatisch aus unserem alten Redaktionssystem auf unsere neue Website importiert. Falls Sie auf Darstellungsfehler stossen, bitten wir um Verständnis und einen Hinweis: community-feedback@tamedia.ch