Zuckerberg feiert GrosserfolgKartellklage abgelehnt – Facebook knackt die Billionen-Dollar-Grenze
Der US-Justiz misslingt es, den Monopolvorwurf zu beweisen. Die Regulierung von Techkonzernen wird so noch schwieriger. Derweil bricht das Netzwerk an der Börse einen Rekord.

Die US-Regierung und 46 Bundesstaaten wollten in einem Musterprozess beweisen, dass Facebook 2012 mit dem Kauf von Instagram für eine Milliarde Dollar und zwei Jahre später von Whatsapp für 19 Milliarden Dollar den Wettbewerb erstickt habe. Die beiden Netzwerke müssten von Facebook abgetrennt werden, so die Forderung, und alle Deals durch die Techgiganten müssten künftig stark erschwert werden. (Mehr zum Thema: Facebooks «War Room» – Im Kontrollzentrum der digitalen Weltmacht)
Der Fall wurde von Richter James E. Boasberg beurteilt, auf dessen Erwägungen die Kritiker von Big Tech (der Verbund der grossen Techkonzerne) einige Hoffnung gesetzt hatten, war er doch von Präsident Barack Obama eingesetzt worden. Statt einem Schlag gegen Facebook machte der Richter aber die Behörden zu Verlierern.
Anwälte ziehen Klage wohl nicht weiter
Erstens sei es unverständlich, weshalb die Bundesstaaten so lange – fast zehn Jahre – mit einer Klage zugewartet und die Deals nicht früher gestoppt hätten. Zweitens habe die Aufsichtsbehörde FTC, den Monopolvorwurf gegen Facebook nicht stichhaltig begründet. Die FTC «konnte nicht einmal zeigen, wie gross der geschätzte Marktanteil von Facebook in den letzten zehn Jahren war». Die Behörde mache sich die Sache offenbar zu leicht: «Es ist, als ob sie erwartete, dass das Gericht den Generalverdacht des Monopols gegen Facebook unkritisch akzeptieren würde.» Die Kläger können innert 30 Tagen eine Revision verlangen, doch deutete der Richter an, dass dabei hohe Hürden zu überwinden wären. (Weiter zum Thema: Neue US-Wettbewerbshüterin – Sie soll die Macht der Techmonopole sprengen)
Das Urteil deckt den tiefen Graben zwischen den Aufsichtsbehörden und der Politik einerseits und den Gerichten andererseits auf, wie Ex-FTC-Chef William E. Kovacic erklärte. «Das Urteil tut weh. Aber es erinnert alle, die eine dramatische und weitreichende Regulierung von Big Tech wollen, wie schwer dies ist, da die Gerichte das Wettbewerbsrecht anders beurteilen als sie.» Tatsächlich haben die US-Gerichte die Kartellgesetze in den letzten 40 Jahren immer mehr ausgehöhlt, indem sie eine Monopolsituation nur nach dem Nutzen und Schaden der Konsumenten beurteilten, daneben aber davon ausgingen, dass der freie Markt alle Probleme lösen werde. Diese Laisser-faire-Haltung, die unter Präsident Reagan einsetzte, ermöglichte es den Konzernen erst, Monopole zu errichten, wie dies zum letzten Mal vor 120 Jahren die Öl-, Stahl- und Eisenbahntrusts tun konnten.
Das Gewicht des Urteils zeigte gestern die Börse, wo Facebook erstmals über eine Billion Dollar wert war.
Facebook zeigte sich hocherfreut über das Urteil. Der Konzern argumentiert, dass neue Konkurrenten wie Tiktok Facebook bedrängten, der Wettbewerb also spiele. Auch sei nicht ersichtlich, weshalb die kostenlosen Dienstleistungen von Facebook die Konsumenten schädigen könnten. Das Gewicht des Urteils zeigte gestern die Reaktion an der Börse, wo Facebook um über vier Prozent auf über einer Billion Dollar aufgewertet wurde.
Wenn der Weg zur Regulierung von Big Tech über die Gerichte erschwert wird, wie das Urteil nahelegt, ist die Politik gefordert. Für Sarah Miller, Direktorin des Thinktanks American Economic Liberties Project, ist es Sache des Kongresses, die Kartellgesetze den neuen Bedrohungsformen von Social Media anzugleichen. «Die Gerichte brauchen klare Vorgaben des Kongresses, weil sie sonst eine zu grosse Rolle bei der Beurteilung der Monopole haben»: In diesem Sinne habe das Verdikt auch eine gute Seite. «Es zeigt, wie nötig Gesetzesänderungen geworden sind.»
Auch Europa hat Mühe mit Klagen
Die Regulierung der Technologiebranche ist eines der wenigen Gebiete, in denen Demokraten und Republikaner am gleichen Strick ziehen. Allerdings haben Facebook, Amazon, Google und Apple Heerscharen von Lobbyisten angeheuert, die jetzt, beflügelt durch das Urteil, alles unternehmen, um die insgesamt sechs Gesetzentwürfe abzuschwächen und zu verzögern. Eine Garantie, dass die Regierung Biden eine Einigung erreichen wird, ist deswegen keineswegs gegeben.
Auch in Europa haben die Aufsichtsbehörden zunehmend Mühe, sich gegen die grossen Techkonzerne durchzusetzen. So wies der EU-Gerichtshof letztes Jahr eine Klage gegen Apple ab, wonach der Konzern wegen hinterzogener Steuern mit 13 Milliarden Euro bestraft werden sollte. Amazon verbuchte im Mai einen ähnlichen Erfolg mit der Sistierung einer Steuerbusse von 250 Millionen Euro. Derweil ist Google auf gutem Weg, mit Beschwerden drei Urteile der Kartellaufseher der EU und Bussen in Milliardenhöhe zu verschleppen.
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