«Kein Asyl für dieses Individuum»
Der NSA-Whistleblower hofft auf Asyl in Island, republikanische Politiker wollen ihn hinter Gittern sehen: Was Edward Snowden droht und warum er allen Grund hatte, aus den USA zu flüchten.
«Ich erwarte nicht, jemals wieder nach Hause zu kommen», sagte Edward Snowden gestern in Hongkong. Dorthin war der Whistleblower geflüchtet, bevor er bekannt gab, dass er für den Überwachungsskandal um die National Security Agency (NSA) verantwortlich sei. Die US-Behörden wiederum wollen den 29-jährigen Informatiker so schnell wie möglich wieder auf amerikanischen Boden bringen. Bereits am Samstag hat die NSA das Washingtoner Justizministerium eingeschaltet.
Hongkong hat zwar ein Auslieferungsabkommen mit den USA. Ein Auslieferungsverfahren könnte jedoch Monate oder sogar Jahre dauern, berichtet die «Washington Post». Ausserdem beinhaltet das Abkommen Ausnahmeregelungen für Fälle mit politischem Hintergrund oder solche, die «die Interessen und Grundsätze eines der beiden Länder» verletzen könnten, wie der US-TV-Sender CNN berichtet. Bevor die USA überhaupt einen Antrag auf Auslieferung stellen könnten, müssten sie Snowden zudem anklagen.
Republikanischer Ruf nach harter Strafe
Snowden selbst sagt, er bemühe sich nun um Asyl «in jedem Land, das an Meinungsfreiheit glaubt». Gegenüber der britischen Zeitung «Guardian» nennt er Island als möglichen Kandidaten – im Inselstaat im Nordatlantik sind Presse- und Meinungsfreiheit besonders geschützt. Von Hongkong aus wird er dort jedoch kein Asyl beantragen können: Ein Verfahren könne nur im Land selbst eingeleitet werden, teilte die isländische Botschafterin in Peking, Kristín Árnadóttir, der «South China Morning Post» am Montag mit. Zum Asylwunsch des 29-Jährigen äusserte sie sich nicht.
Geht es nach US-republikanischen Politikern, soll dieses Ansinnen keine Chance haben: «Die USA müssen klarmachen, dass kein Land diesem Individuum Asyl gewähren darf», sagte der Sicherheitspolitiker Peter King laut CNN. Die US-Behörden müssten vielmehr alle gesetzlichen Möglichkeiten ausschöpfen, um den Whistleblower zu bestrafen.
Die Strafe, die Snowden droht, falls er in die Hände der US-Justiz gerät, könnte äusserst hart ausfallen. Die US-Zeitung «Washington Post» vergleicht seinen Fall mit jenem von Wikileaks-Informant Bradley Manning, dem seit einer Woche in Fort Meade der Prozess gemacht wird. Dem US-Soldaten, der bereits seit mehr als drei Jahren im Gefängnis sitzt, drohen 20 Jahre Haft, unter anderem wegen Geheimnisverrats.
«Er hatte allen Grund»
Snowdens Entscheidung, nach Hongkong zu flüchten, sei deshalb nachvollziehbar, so die «Washington Post». Denn wäre er in den USA geblieben, hätte er die Wahl zwischen zwei wenig attraktiven Alternativen gehabt: Er hätte entweder einen Deal mit der Justiz eingehen und eine Gefängnisstrafe akzeptieren können – für eine Straftat, die er selbst als «im Interesse des Landes» bezeichnet. Oder er hätte vor Gericht ziehen und darauf hoffen können, dass die Richter seiner Argumentation folgen und ihn freisprechen – bei einem Schuldspruch allerdings drohte ihm auch in diesem Szenario eine jahrzehntelange Haftstrafe.
Man sei gewöhnt an Flüchtlinge, die in den USA Schutz vor Verfolgung in repressiven Regimes suchten, so die «Washington Post». Snowden habe das Gegenteil gemacht: Er habe Amerika verlassen, weil er sich vor Verfolgung fürchte, «und er ist nicht verrückt, daran zu zweifeln, dass er von der US-Justiz fair behandelt würde».
Das Weisse Haus gab zum weiteren Vorgehen zunächst keinen Kommentar ab. Das Büro des Nationalen Geheimdienstkoordinators James Clapper erklärte am Sonntagabend (Ortszeit), dass das Justizministerium eingeschaltet worden sei. Die Geheimdienste ermittelten derzeit den Schaden, der durch die Enthüllungen entstanden sei. «Jede Person mit Zugang zu geheimen Dokumenten weiss, dass sie in der Pflicht steht, vertrauliche Informationen zu schützen und sich an geltende Gesetze zu halten», heisst es in der Erklärung.
(Mit Material der Nachrichtenagentur SDA)
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