Kein Dialog ohne Blutzoll
Syriens Präsident Bashar Assad lädt die Opposition zu einem «nationalen Dialog». Doch gleichzeitig verteidigt die Regierung die Gewalt, ohne die ein solches Treffen «nie zustande gekommen wäre».

Vier Monate nach Beginn der Proteste in Syrien hat die Regierung einen Gesprächskanal mit der Opposition eröffnet. Doch die bekannten Oppositionellen blieben dem ersten Treffen zu dem von Präsident Baschar al-Assad initiierten «nationalen Dialog» am Sonntag in Damaskus fern.
Sie begründeten dies mit der Gewalt der Sicherheitskräfte gegen friedliche Demonstranten. Ausserdem werfen sie der Führung vor, sie ignoriere die Motivation der Demonstranten, die für Meinungsfreiheit und Menschenrechte kämpften.
Den Vorsitz des Treffens in Damaskus, das zunächst für zwei Tage angesetzt war, hatte Vizepräsident Faruk al-Scharaa. Weitere Regierungsvertreter, Intellektuelle sowie weniger prominente Repräsentanten der Opposition nahmen ebenfalls an dem Dialog teil.
Einladung an Exil-Oppositionelle
Al-Scharaa sagte, auch die Exil-Oppositionellen könnten an dem Reformdialog teilnehmen, wenn sie dies wünschten. Ziel der Gespräche sei es, aus Syrien einen «pluralistischen, demokratischen Staat» zu machen.
In seiner Rede würdigte Scharaa die Rolle der Unruhen für die Dialogbereitschaft. «Es muss anerkannt werden, dass dieser nationale Dialog ohne den Blutzoll von Zivilpersonen und Soldaten nicht zustande gekommen wäre - nicht auf so hoher Leitungsebene und nicht vor diesen Kameras», erklärte er.
Gleichzeitig warf er aber einigen Demonstranten vor, Werkzeuge ausländischer Agenten zu sein, deren Ziel es sei, religiöse Spannungen und Spaltungen auszulösen. Damit stellte er sich hinter den Standpunkt Assads, der wiederholt bewaffnete Banden und ausländische Verschwörer für die Unruhen in seinem Land verantwortlich gemacht hat.
Kritik im Fernsehen übertragen
Die Gespräche gelten Beobachtern zufolge als seltener Vorstoss in einem Land, in dem die Menschen das Regime aus Furcht vor den Sicherheitskräften nur selten offen kritisieren. So war am Sonntag im sonst streng überwachten syrischen Staatsfernsehen zu sehen, wie eine Reihe von Intellektuellen während des Nationalen Dialogs scharfe Kritik am harten Vorgehen der Regierung gegen Demonstranten übte.
Der Parlamentsabgeordnete Mohammed Habasch forderte die Abschaffung eines Gesetzes, das die Todesstrafe für Mitglieder der Muslimbruderschaft vorsieht. Er kritisierte zudem, dass «Tausende ohne Prozess in den Gefängnissen sitzen». Habasch bezeichnet sich selbst als gemässigter Islamist, steht aber der Baath-Partei von Präsident Assad nahe.
Auch ein unabhängiger Teilnehmer des Dialogs, Tajjib Tisini, übte scharfe Kritik. Es sei falsch, dass diese Konferenz begonnen habe, «während noch auf syrische Zivilisten geschossen wird, in der Stadt Hama, in Homs und an anderen Orten», sagte er.
Botschafter einbestellt
Die syrische Regierung bestellte am Sonntag die Botschafter der USA und Frankreichs ein, um gegen ihren «unerlaubten Besuch» in Hama zu protestieren. Die beiden Diplomaten waren am vergangenen Donnerstag für zwei Tage in die als Protesthochburg geltende Stadt gefahren. Nach ihrem Besuch hatten sie erklärt, sie hätten dort keine Saboteure oder «bewaffnete Banden» vorgefunden.
Präsident Assad ernannte zudem einen neuen Gouverneur für die Stadt. Wie die amtliche syrische Nachrichtenagentur Sana meldete, unterzeichnete er ein Dekret, das den neuen Amtsinhaber Anas Naem ernannte. Assad hatte dessen Vorgänger Anfang Juli nach den bis dahin beispiellosen Massenprotesten mit hunderttausenden Teilnehmern entlassen.
SDA/mrs
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